Die Kommission unterstellt den ausscherenden EU-Staaten, den Pakt gar nicht richtig gelesen zu habe: Die Grenze zwischen legaler und illegaler Migration würden nicht verwischt.
Mit Bulgarien hat am Montag offiziell das vierte Land angekündigt, dem UNO-Migrationspakt nicht beitreten zu wollen. Das verkündete der Vizechef der Regierungspartei GERB, Zwetan Zwetanow, nach einem Ministertreffen, wie die Nachrichtenagenturen Beta und Reuters berichteten.
Der "Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration", der im Dezember in Marrakesch unterzeichnet werden soll, widerspreche den nationalen Interessen Bulgariens, so die Begründung. Am Mittwoch soll das bulgarische Parlament noch darüber beraten.
Der Vertrag umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen, deren Umsetzung rechtlich aber nicht bindend ist. Im Kern geht es um eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik und um Standards im Umgang mit Flüchtlingen. Bis dato waren 190 von ursprünglich 193 UNO-Staaten beim Migrationspakt vertreten.
EU-Kommission kritisiert Ablehnung des Migrationspakts
Die EU-Kommission attestiert den Staaten, die den UNO-Migrationspakt verlassen, den Inhalt des Dokuments nicht zu kennen. Ein Sprecher verwies am Montag auf die Aussagen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Berlin, wonach "jene Länder, die den Pakt verlassen, das nicht getan hätten, wenn sie ihn gelesen hätten".
Die auch von Österreich vorgetragenen Vorwürfe, der UNO-Pakt verwische die Grenzziehung zwischen illegaler und legaler Migration, stimmten nicht. In Wahrheit würde bei einer geteilten Verantwortung in der Migrationsfrage weniger illegale Flüchtlinge kommen.
Die USA hatten sich bereits früh aus den Verhandlungen zurückgezogen, Ungarn nach Vorlage des endgültigen Textentwurfes im heurigen Juli, Österreich erst Ende Oktober. Es könnten bald auch noch weniger werden: Tschechien, Slowenien, Polen, Australien, Großbritannien, Italien und die Schweiz sehen den Pakt ebenfalls sehr kritisch.
Und auch in Estland ist eine Debatte über den globalen Migrationspakt entbrannt. Diskutiert wird in dem baltischen EU- und NATO-Land, inwieweit die von den UNO-Mitgliedstaaten beschlossene Vereinbarung rechtlich bindend ist. Die mitregierende konservative Partei Pro Patria sprach sich am Montag dagegen aus, dem Migrationspakt beizutreten. Nach Ansicht der Partei bestehe die Gefahr, dass dieser Teil des internationalen Gewohnheitsrechts werde und dadurch die nationale Regelungshoheit von Migrationsfragen einschränke. Ähnliche Bedenken hatte zuvor bereits die österreichische Regierung geäußert.
(APA)