Die FPÖ will, dass die Notstandshilfe erhalten bleibt. Die ÖVP sagt dazu noch wenig. Die Reform des Arbeitslosengeldes wird vor allem Junge treffen. Für Arbeitnehmer über 50 wird es Ausnahmen geben.
Wien. „Die Notstandshilfe bleibt“, sagte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Montag. „Die FPÖ und ich garantieren, dass die Notstandshilfe als Versicherungsleistung bleiben wird.“
Die Sozialministerin reagierte damit auf eine am Wochenende bekannt gewordene Studie, die vom Sozialministerium beauftragt wurde. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hatte mehrere Szenarien durchgerechnet. Das Ergebnis: Von der Abschaffung der Notstandshilfe wären vor allem Menschen mit Behinderungen, Jugendliche und Personen mit Pflichtschulabschluss betroffen. Der Großteil davon wären österreichische Staatsbürger. Fielen sie aus der Notstandshilfe, bliebe ihnen nur die Mindestsicherung. Die wiederum ist an Vermögenszugriffe gekoppelt.
Die Regierung hatte bei Amtsantritt angekündigt, Arbeitslosengeld und Mindestsicherung zu reformieren. Das im Regierungsprogramm formulierte Ziel: Die Notstandshilfe sollte integriert werden, also in dem mit der Zeit weniger werdenden Arbeitslosengeld aufgehen. Derzeit beziehen mehr als die Hälfte der Arbeitslosen Notstandshilfe. Das waren im Jahr 2017 im Schnitt 157.483 Menschen.
Uneinigkeiten in der Koalition
Eine Reform wurde bis Ende des Jahres angekündigt. Als Eckdaten wurden genannt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei langer Versicherungszeit auf zwei Jahre verlängert wird und die Nettoersatzrate zu Beginn höher sein soll. Sie soll für die ersten Monate 65 statt bisher 55 Prozent betragen.
Weiters ist laut Regierungsprogramm geplant, dass Krankenstände auf die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs angerechnet werden, wenn der Krankenstand nicht mit einem stationären Aufenthalt verbunden ist. Das hieße aber etwa, dass dies Krebskranke während einer Behandlung treffen könnte – oder psychisch Kranke. Sie verlieren häufig ihren Job, weil sie krank sind – und finden keinen neuen Job, weil sie krank sind. Ausnahmen soll es nur für Arbeitslose geben, die älter als 50 Jahr alt sind und 180 Beitragsmonate haben, also mindestens 15 Jahre gearbeitet haben. Diese Gruppe soll das Arbeitslosengeld unbegrenzt erhalten. Die Nettoersatzrate soll aber mit der Dauer auf 50 Prozent sinken.
Schon im Jänner dieses Jahres ist es zu Diskussionen um die Reform des Arbeitslosengeldes gekommen. Hartinger-Klein hat schon damals erklärt, dass Langzeitarbeitslose nicht in die Mindestsicherung fallen sollen – auch einen Vermögenszugriff solle es bei Arbeitslosen nicht geben. „Das deutsche Hartz-IV-Modell wird es mit mir als Sozialministerin nicht geben“, sagte sie am 3. Jänner. Nur zwei Tage später ruderte die Ressortchefin nach einer Zurechtweisung von Bundeskanzler Sebastian Kurz zurück. „Das Arbeitslosengeld neu soll die Notstandshilfe ablösen. Was wir noch finden müssen, ist eine Lösung, ob es sich um Arbeitslosen- oder Mindestsicherungsgeld handelt“, sagte sie damals. Zur aktuellen Diskussion wollte man bei der ÖVP kaum etwas sagen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda forderte eine Stellungnahme der Regierungskoordinatoren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2018)