Von der zermürbenden Haft im türkischen Hochsicherheitsgefängnis

Archivbild von Max Zirngast, der in Ankara inhaftiert ist.
Archivbild von Max Zirngast, der in Ankara inhaftiert ist.APA/AFP/IPEK YUKSEK
  • Drucken

Der in Ankara inhaftierte Österreicher Max Zirngast klagt über den monotonen Gefängnisalltag und die teils desolaten Haftbedingungen. Eine Anklage gegen ihn gibt es noch nicht, was auch auf Warmwasser zutrifft.

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) hat am Dienstag erneut einen Brief des in der Türkei inhaftierten, österreichischen Journalisten Max Zirngast veröffentlicht. In dem mit 4. November datierten Schreiben klagt der 29-jährige Steirer, der seit zwei Monaten in Ankara in Untersuchungshaft ist, über fehlendes Warmwasser und Heizung und den zermürbenden Gefängnisalltag.

"Zum Beispiel haben wir seit einer Woche kein Warmwasser mehr und die Heizung geht nicht mehr wegen irgendeinem Schaden. Natürlich frieren wir auch, aber das eigentliche Problem ist etwas anderes: Wir sind müder als sonst; lesen und schreiben, sich konzentrieren wird so schwieriger", schreibt Zirngast. "Um uns zu rasieren und zu duschen, machen wir das Wasser mittlerweile im Wasserkocher warm", heißt es weiter. Als größtes Problem beschreibt der junge Österreicher aber die "Monotonie" und die "relative Isolation". Er durfte bisher noch keine Besucher empfangen. Regelmäßig gebe es Sport, einmal die Woche könne man in der Kantine vorbestellte Dinge wie Schreibutensilien, Putzmittel, einige Lebensmittel kaufen. Vier Mal die Woche steht Sport auf dem Tagesprogramm für alle.

Zirngast beschreibt auch das Gefängnis des Hochsicherheitsgefängnis des Typs F, in dem vor allem "politische" Häftlinge inhaftiert seien. Er sei vor allem mit "FETÖ"-Inhaftierten zusammen, einer Abkürzung für "Fetullah Gülen Terrororganisation", wie die offizielle Türkei Angehörige der Organisation des Predigers Fetullah Gülen bezeichnet. Es geb in F-Typ-Gefängnissen Zellen für drei Inhaftierte, nicht immer voll belegt. Er sei mit einem weiteren Mann in der Zelle. Jede dieser Zellen hat Zugang zum Hof, eine Waschgelegenheit ohne Duschkopf.

Den Brief hat Zirngast auf Türkisch verfasst, weil die Zensurbehörde keine Briefe in deutscher Sprache zulässt, teilte der ÖJC mit. Der 29-jährige Journalist, Student und Autor sitzt seit fast zwei Monaten in Untersuchungshaft. Er befindet sich im Sincan-Gefängnis in Ankara. Anklage wurde bisher keine erhoben. Der Verdacht gegen den Aktivisten lautet seinen Anwälten zufolge auf Nähe zu einer linksgerichteten "terroristischen Vereinigung". Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Anfang des Monats hatte der ÖJC der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung - auch in ihrer Funktion als EU-Ratspräsidentschaft - vorgeworfen, nichts zu unternehmen, um in der Türkei "nur aus politischen Gründen" inhaftierte Journalisten freizubekommen. Es gehe um insgesamt 175 Personen. ÖJC-Präsident Fred Turnheim forderte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, in Sachen Freilassung Zirngasts "endlich aktiv" zu werden.

>> Der Brief auf der Seite freemaxzirngast.org

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Max Zirngast
Außenpolitik

Brief aus Gefängnis: Österreicher in türkischer Haft bedroht

Der in der Türkei inhaftierte Max Zirngast schildert sein Martyrium in Polizeigewahrsam: Das Licht sei 24 Stunden an. "Statt auf einem Bett schläftst du auf einem Stück Holz. Essen gab's wenig, und wenn auch nur eiskaltes."
 Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung einer Moschee in Köln Ende September - per Smartphone live in soziale Netzwerke übertragen.
Außenpolitik

Berlin rät Türkei-Reisenden zur Vorsicht in sozialen Netzwerken

Im Einzelfall sei bereits das Teilen oder "Liken" regierungskritischer Beiträge Anlass für ein Strafverfahren in der Türkei, warnt das deutsche auswärtige Amt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.