Wenn Michelle Obama mit Trump abrechnet

September 28 2016 Philadelphia Pennsylvania U S First Lady Of The United States MICHELLE OB
September 28 2016 Philadelphia Pennsylvania U S First Lady Of The United States MICHELLE OBimago/ZUMA Press
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In ihrer neuen Biografie blickt die ehemalige First Lady auf die Jahre im Weißen Haus zurück – aber nicht nur.

Chicago/Wien. In der Nacht des Wahlsieges von Donald Trump befand sich das amtierende US-Präsidentenpaar Obama im Kinosaal des Weißen Hauses. Als es immer wahrscheinlicher wurde, dass der republikanische Quereinsteiger die Nachfolge von Barack Obama antreten würde, verließ dessen Frau Michelle den Kinosaal und ging ins Bett. Sie wollte dieses Wahlergebnis von sich wegschieben, schreibt die ehemalige First Lady in ihrer Biografie „Becoming“ – und zwar „so lang es mir möglich war“.

Von Trump hält Obama nicht viel, und in ihrem am Dienstag erschienenen Buch macht sie keinen Hehl daraus. Schwer enttäuscht sei sie gewesen, dass nicht die Demokratin Hillary Clinton Präsidentin wurde, sondern der „Frauenhasser“. Vor Wut habe sie gezittert, als der Immobilienmogul in Interviews damit prahlte, Frauen unbestraft angrapschen zu können.

Obama erzählt auch von den Auswirkungen der sogenannten Birther-Theorie auf ihre Familie: Rechtskonservative, allen voran Trump, zweifelten während des Wahlkampfes an, dass Barack Obama tatsächlich in den USA auf die Welt gekommen sei. Mit der Verbreitung dieser Unwahrheiten habe Trump ihre Familie gefährdet, schreibt Michelle Obama. „Und das werde ich ihm nie verzeihen.“

Die ungemein beliebte Ex-First-Lady ist die Antithese zum aktuellen Weißen Haus: Ihr ethnisch diverses Team sei von einer weißen, männlich dominierten Truppe abgelöst worden, schreibt sie. Ihre Biografie dürfte die Nostalgie vieler Linker und Liberaler angesichts der Trump'schen Eskapaden noch mehr anfeuern. Und schaden wird das Buch dem Zukunftsprojekt der Obamas wohl auch nicht: Sie steigen in das Filmgeschäft ein, einen Deal mit Netflix haben sie schon in der Tasche.

Großes Publikum sicher

Ein zweiter Teil der biografischen Obama-Reihe wird für nächstes Jahr erwartet und von den Erinnerungen des ersten schwarzen Präsidenten der USA handeln. Für beide Ausgaben haben die Obamas eine kolportierte Rekordsumme von etwa 100 Millionen US-Dollar erhalten – den größten Teil will das Paar spenden.

Ein großes Publikum ist Michelle Obama während ihrer Lesetour jedenfalls sicher. In Chicago wird sie zunächst Gast der nicht minder populären Talkmasterin Oprah Winfrey sein, ehe sie dann durch das Land ziehen wird. Mit einer Erwartungshaltung räumt Obama aber schon jetzt auf: Eine eigene Kandidatur für das Präsidentenamt, wie viele ihrer Anhänger sich das erträumen, komme für sie weiterhin nicht infrage.

„Becoming“ ist keineswegs nur eine Abrechnung mit Trump. Erstmals erzählt Obama der Öffentlichkeit, dass sie ihre beiden Töchter nach einer In-vitro-Fertilisation bekommen und zuvor eine Fehlgeburt erlitten hat. Die Juristin erzählt von ihrer Kindheit in Chicagos Süden, ihrem Studium an einer Elite-Uni nach Erhalt eines Stipendiums und davon, dass ihre Vorzeigeehe mit Barack harte Arbeit sei. Noch vor dem Einzug ins Weiße Haus hätten die Obamas die Hilfe eines Paartherapeuten in Anspruch genommen. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2018)

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