Jugendhilfe: Bund-Länder-Reform gefährdet

Die Sozialdemokraten verfügen im Bundesrat über eine Sperrminorität.
Die Sozialdemokraten verfügen im Bundesrat über eine Sperrminorität.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die SPÖ will der Novelle vorerst nicht zustimmen, weil eine Lösung für die fehle. Diese soll künftig ganz auf die Bundesländer übergehen.

Wien. Während die große Kompetenzreform der Regierung noch auf sich warten lässt, ist nun auch die kleine Novelle gefährdet. Das liegt aber an der SPÖ, die dem von Bund und Ländern ausgehandelten Papier vorerst nicht zustimmen will. Die Sozialdemokraten verfügen im Bundesrat über eine Sperrminorität und können Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern verhindern.

Konkret geht es den Sozialdemokraten um die Jugendhilfe, die künftig allein in den Händen der Länder liegen soll. Dieser Umstand hatte auch von Expertenseite zu Kritik geführt. Und auch die zuständigen Referenten der Länder selbst hatten bedauert, dass ein gut funktionierendes System abgeschafft werde. Als Reaktion auf die Kritik hatten Bund und Länder angekündigt, mittels einer Vereinbarung Mindeststandards in den Ländern festzuschreiben. So soll die an die Länder fallende Materie doch wieder weitgehend in ganz Österreich vereinheitlicht werden.

Die Kompetenznovelle wäre im Mittelpunkt der Sitzung des  Verfassungsausschusses am Mittwoch gestanden, wurde aber von der Tagesordnung genommen. Grund sind die Bedenken der SPÖ, die die Bund-Länder-Vereinbarung abwarten will, bevor sie zustimmt. Sonst würde „man die Katze im Sack kaufen“, hieß es aus der SPÖ.

Ministerium: „Bedauerlich“

Eine Sprecherin von Minister Moser sagte, die Blockade des Gesetzespaketes durch die SPÖ sei „sehr bedauerlich“. „Die Bundes-SPÖ ist ihren Landeshauptleuten leider in den Rücken gefallen“, erklärte ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl. Diese hatten das Paket mitverhandelt. Für Neos-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak zeigt sich, „dass die von der Bundesregierung groß angekündigten Reformen nicht kommen“.

Beim jetzigen Paket geht es um Kompetenzen, bei denen bisher der Bund die Grundsätze per Gesetz vorgab, die Länder aber Ausführungsgesetze erlassen und die Materie vollziehen mussten. Die Bereiche (etwa Pflanzenschutz, Bevölkerungsentwicklung oder Regelungen für Kuranstalten) sollen künftig entweder ganz auf den Bund oder ganz auf die Länder übergehen. Die heiklen der Grundsatzgesetzgebung unterliegenden Punkte wie Krankenhäuser oder Mindestsicherung blieben im jetzigen Entwurf aber ausgespart, diesbezüglich will die Regierung 2019 eine Lösung suchen. (aich/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2018)

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