Zuhälter-Romantik bei „Willkommen Österreich“

Im Bild: Freddy Rabak neben Herbert Grönemeyer, der wohl nicht nur aufgrund des Wienerischen nicht alles verstand.
Im Bild: Freddy Rabak neben Herbert Grönemeyer, der wohl nicht nur aufgrund des Wienerischen nicht alles verstand.(c) Screenshot
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Nicht selten stellen Grissemann und Stermann ihren Gästen bitterböse Fragen. Gestern aber durfte sich ein alter Zuhälter als lustiger „Strizzi“ inszenieren.

Political Correctness wird bei „Willkommen Österreich“ klein geschrieben. Das ist Programm: Schwarzer Humor und Schamlosigkeit machen den Reiz der Late-Night-Show aus. Die Gags und Witze in der Sendung sind oft bitterböse, die Gespräche mit den Gästen jedenfalls unvorhersehbar. Manche werden bloßgestellt, andere verbal gestreichelt.

Besonders nett gaben sich die Moderatoren Dirk Stermann und Christoph Grissemann etwa gestern, als der ehemalige Zuhälter und Drogendealer Freddy Rabak zu Gast war. Wobei es sich natürlich besser anhört, wenn man ihn als „Wiener Strizzi“ oder „Rotlichtlegende“ bezeichnet. Rabak, mittlerweile 71, erschien milieugerecht tätowiert, mit Gold um den Hals, in spitzen Stiefeln mit Schlangenoptik. Nur die Brille passte nicht so ganz dazu.

Seine Lebensbilanz laut Sendung: 16 Vorstrafen, sechs Jahre hinter Gittern, sechs Ehefrauen. Nun hat er ein Buch geschrieben; der Titel lautet „Adieu Rotlicht-Milieu“. Grissemann bezeichnete es als „Biographie ganz unten im Milieu“. Dazu kann man jedenfalls viel fragen. Etwa danach, wie er zu „seinen Huren“ kam. Einer Journalistin erzählte er es im Vorjahr: Er bezirzte eine Frau, war mit ihr zusammen, weigerte sich standhaft, sie auf den Strich zu schicken, und machte es dann erst recht. Meist heiratete er sie, dann waren ihm die Einnahmen sicher. Später sattelte er um auf Drogen.

Im ORF wurde die Sache aber recht nostalgisch gesehen. Man amüsierte sich vor allem über Begrifflichkeiten der Wiener Puff-Szene, sprach über „Huren“ und „Nutten“, das Varieté, den Prater. Über die Entfesslungskunst und Vorbilder wie Houdini. Kein Sarkasmus à la „Sag mal, gleiche Rechte für Frauen, der volle Müll?“ oder „Würdest du noch Drogen verkaufen, wenn du nicht so senil wärst?“. Bloßstellen ist bei einem lustigen „Wiener Strizzi“ offenbar keine Option.

„Bist du jetzt geläutert, das heißt, es gibt jetzt auch eine Möglichkeit für dich, Frauen anders zu behandeln als sie zu Prostituierten zu machen?“, ist das Einzige, was Grissemann an Kritischem anmerkte. Was Rabak, der sich derzeit mit Schreiben („das ist meine beste Artikulation“) und Gartenfragen in Kärnten beschäftigt, beflissentlich bejahte.

Übrigens: Lesungen des Buchs sind derzeit nirgends angesetzt.  Er werde von den Buchhandlungen ignoriert, sagte Rabak ein wenig selbstmitleidig. Wäre vielleicht auch eine Option für „Willkommen Österreich“ gewesen.

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