Finanzen. Die Landesfinanzreferenten machen in einem Brief klar, dass sie eine Höchstgrenze von 340 Millionen Euro nicht akzeptieren.
Wien. Es ist ein höfliches Schreiben, das die neun Landesfinanzreferenten am vergangenen Montag an den „sehr geehrten Herrn Bundeskanzler“ geschickt haben. Weniger freundlich war der Inhalt: Es geht um die Abgeltung der Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses. Die Länder wollen mehr Geld, weil sich jüngst „wesentliche Parameter“ verändert hätten. Der Bund wird somit mit den budgetierten 340 Millionen Euro für 2018 wohl nicht auskommen.
Die neuen Parameter ergeben sich für die Länder aus einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), laut der das Ende des Pflegeregresses auch für Altfälle gilt. Der Zugriff auf das Vermögen von Patienten in stationären Pflegeeinrichtungen sei „jedenfalls unzulässig“, urteilte das Höchstgericht im Oktober. Bedeutet: Sozialeinrichtungen müssen ihre Pfandrechte für Immobilien, die sie im Grundbuch haben eintragen lassen, wieder streichen. Dieser Verzicht bedeutet für die Länder eine zusätzliche finanzielle Belastung.
Bund und Bundesländer hatten sich im Mai darauf verständigt, dass ihnen der Einnahmenentfall durch die Abschaffung des Pflegeregresses mit 340 Mio. Euro durch den Bund abgegolten wird. Für Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ist dieser Betrag eine Höchstgrenze, wie er in einem Ministerratsvortrag Ende Oktober erklärt hatte.
Die Finanzreferenten sehen das im aktuellen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der in Kopie an Löger ging, anders: „Ein Höchstbetrag von 340 Mio. Euro entspricht nicht der politischen Vereinbarung vom 18. Mai 2018; vereinbarungsgemäß sind die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen abzugelten.“ Die Finanzreferenten machen das noch einmal an anderer Stelle klar. Der Betrag werde ausschließlich „als Akontierung für das Jahr 2018 (. . .) akzeptiert“.
Kritik an Verteilungsschlüssel
Das bedeutet, dass die Länder mit höheren Kosten rechnen und mehr Geld wollen. Um wie viel mehr, konnte gestern niemand sagen. Die Länder waren ursprünglich mit der Forderung nach knapp 500 Millionen Euro in die Verhandlungen mit dem Bund gegangen. Der Finanzminister hatte dagegen in seinem Budget für 2018 lediglich 100 Millionen Euro als Kostenersatz eingeplant. Die Einigung lautete, dass man die tatsächlichen Kosten abrechnet – aber der Bund eben maximal 340 Millionen Euro übernimmt, wie Löger meinte.
Über die Folgekosten des Erkenntnisses des VfGH haben Bund und Länder bisher nicht gesprochen. Auch weil nicht im Detail klar ist, wie hoch diese sein werden. In Wien rechnet man beispielsweise damit, dass sich allein die Forderungsabschreibungen aus pfandrechtlichen Sicherstellungen auf bis zu 30 Millionen Euro belaufen werden.
Infrage stellen die Finanzreferenten auch den Aufteilungsschlüssel für die Abgeltung. Die größten Anteile fließen demnach in die Steiermark (17,8 Prozent) und nach Oberösterreich (17,3). Wien erhält 16,6 Prozent, das Burgenland überhaupt nur 2,81 Prozent. Dieser Schlüssel sei „nicht nachvollziehbar“.