„Prügelpolizei“-Vorwurf meist haltlos

Die Studie stellt der Polizei ein gutes Zeugnis aus.
Die Studie stellt der Polizei ein gutes Zeugnis aus. APA/HELMUT FOHRINGER
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Immer wieder werden Misshandlungsvorwürfe gegen Polizisten laut. Doch eine Studie stellt der Polizei ein gutes Zeugnis aus. Die weitaus meisten Fälle landen nicht einmal bei Gericht.

Wien. Die Studie war noch vom früheren Justizminister Wolfgang Brandstetter in Auftrag gegeben worden. Die Grundfragen lauteten: Wie gehen Polizei und Staatsanwaltschaften mit Misshandlungsvorwürfen um? Wie sehen polizeiliche Ermittlungen in den eigenen Reihen aus? Das – am Freitag präsentierte – Ergebnis ist doch überraschend. Jahrelang, nämlich von 2012 bis 2015 (Untersuchungszeitraum) hat es in den beiden von den Studienautoren untersuchten Staatsanwaltschaften Wien und Salzburg keine einzige Verurteilung von Polizisten gegeben.

Vorwürfe gegen 1428 Beamte

In Salzburg wanderte in diesen vier Jahren kein einziger angezeigter Fall zu den Gerichten. Es gab durchwegs Einstellungen der Ermittlungsverfahren. In Wien wurden in nur sieben Verfahren gegen Exekutivbeamte die Gerichte befasst. Alle sieben Fälle endeten mit (erstinstanzlichen) Freisprüchen.

Insgesamt hatten 814 Beschwerdeführer Misshandlungsvorwürfe erhoben. Es gab 1518 Fälle (Wien: 1285, Salzburg: 233). 1428 Exekutivbeamte wurden beschuldigt. Am ehesten wurden bei Amtshandlungen Schläge, Tritte oder Stöße beanstandet.

Die Studie ist von der Forschungsstelle für Polizei und Justizwissenschaften (Austrian Center for Law Enforcement Sciences, Ales) unter der Leitung von Strafrechtlerin Susanne Reindl-Krauskopf erarbeitet worden. Aus dem Papier ergibt sich eine Typologie der Beschwerdeführer. Diese sind im Durchschnitt männlich, eher jung, zwischen 18 und 34 Jahre alt und Österreicher. Die zweithäufigste Gruppe stammt aus der Rest-EU, zehn Prozent sind afrikanischer Herkunft. Anlässe für das Einschreiten der Polizei waren meist der Verdacht auf gerichtlich strafbare Taten oder Verstöße gegen das Verwaltungsrecht (z. B. Vorfälle im Straßenverkehr). Bemerkenswert: Laut Studie stand mehr als die Hälfte der Beschwerdeführer zur Tatzeit unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oder hatte psychische Probleme.

Auch bei den beschuldigten Exekutivbeamten ließ sich eine typische Phänomenologie herausfiltern: 77 Prozent der Beschuldigten waren männlich. Die typische Altersgruppe: 18 bis 34. Zwei Drittel der Vorwürfe wurden nach Vorfällen, die sich in der Nacht abspielten, erhoben. Die Beamten selbst trugen typischerweise keine Verletzungen davon.

Wenngleich die Studie der Polizei ein gutes Zeugnis ausstellt, enthält sie Empfehlungen an Innen- und Justizministerium. Empfehlungen, die sich bereits in erneuerten Erlässen wiederfinden, wie der Generalsekretär des Justizressorts, Christian Pilnacek, und jener des Innenressorts, Peter Goldgruber, unterstrichen. Laut Pilnacek gebe es „keinen Korpsgeist, wenn die Polizei in ihren eigenen Reihen ermittelt“.

Empfehlungen der Autoren

Um diese Empfehlungen handelt es sich: Ausweitung der Berichterstattungspflicht – nicht innerhalb von 24 Stunden (es sei denn, es ist ein besonders brisanter Fall), sondern innerhalb von 48 Stunden soll die Exekutive dem Staatsanwalt von Misshandlungsfällen berichten. Bei nur 24 Stunden hatten die Berichte oft zu wenig Substrat.

Mündliche Kontakte zwischen den Behörden sollen schriftlich in dem Akt festgehalten werden. Misshandlungsakten sollen intern konsequent als solche gekennzeichnet werden. Und: Hautrötungen von Beschwerdeführern sollen besser dokumentiert werden, da es sich laut OGH-Judikatur sehr wohl auch um Körperverletzungen handeln könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2018)

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