Kerns Abschied auf Raten, nächster Akt

Pamela Rendi-Wagner und Christian Kern am 25. Oktober
Pamela Rendi-Wagner und Christian Kern am 25. OktoberAPA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

Pamela Rendi-Wagner wird am Samstag zur neuen - und zugleich ersten - SPÖ-Chefin gewählt und rechnet mit hoher Zustimmung. Ihr Vorgänger soll eine Ansprache halten.

Noch ist Christian Kern formal Bundesparteivorsitzender der SPÖ, tatsächlich hat er sich schon zweimal aus dieser Position verabschiedet. Zum einen am 6. Oktober. Damals gab er im Rahmen einer 26-minütigen Rede bekannt, doch nicht als roter Spitzenkandidat in die EU-Wahl am 26. Mai gehen zu wollen, sondern stattdessen seine zweieinhalbjährige Karriere als "Berufspolitiker" zu beenden (siehe Video unten). Zum anderen verabschiedete sich Kern am 25. Oktober im Parlament von den übrigen Abgeordneten und dem innenpolitischen Klein-Klein von dem er nun genug habe. Die Rededauer diesmal: 17:41 Minuten.

Nun folgt ein dritter Anlauf zum Abschied: Bei dem Bundesparteitag am kommenden Samstag, 24. November, im Zuge dessen die designierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner offiziell zur Obfrau gekürt wird, hat auch Kern einen Auftritt. So sei vorgesehen, dass der 52-Jährige in Wels eine Ansprachen halten werde. Zuletzt war medial spekuliert worden, ob Kern überhaupt zu dem Parteitag kommen wird.

Rendi-Wagner ging am Montag davon aus, dass sie bei ihrer Wahl zur ersten Parteichefin der Sozialdemokraten eine hohe Zustimmung erhalten werde. Auf eine nummerische Prognose wollte sie sich zwar nicht einlassen, die letzten Wochen hätten sie aber zuversichtlich gestimmt. Bei ihren Besuchen in den Bundesländern habe sie große Zustimmung verspürt und auch im Parteivorstand und im Präsidium sei sie ohne Gegenstimme designiert worden, erklärte die künftige Parteichefin.

Kaiser als Stellvertreter von Rendi-Wagner nominiert

Kärntens SPÖ-Vorsitzender, Landeshauptmann Peter Kaiser, wird beim Bundesparteitag als Stellvertreter von Rendi-Wagner kandidieren. Er sei vom Bundesvorstand nominiert worden, sagte Kaiser am Montag. Die Differenzen zwischen Kärnten und Wien, die rund um die Listenerstellung für die EU-Wahl entstanden waren, sind laut Kaiser "ausgeräumt".

Der Hintergrund: Am 24. November steht auch die Liste für die EU-Wahl zur Abstimmung. Auf dieser Liste rangiert der Kärntner Kandidat Luca Kaiser, Sohn des Landeshauptmannes, auf Platz neun, was die Kärntner so erboste, dass sie im Bundesparteivorstand gegen die Reihung stimmten. Auf die Frage, wie sich die Kärntner beim Parteitag verhalten würden, sagte Kaiser, er gehe davon aus, dass die Delegierten wüssten, was sie zu tun hätten, nämlich zustimmen. Zu seiner bezüglich der Listenerstellung geäußerten Kritik meinte Kaiser, man habe vereinbart, in einem Arbeitskreis Änderungen vorzunehmen, um künftig eine gerechtere Reihung zu erhalten. Im Übrigen sei Kärnten nicht das einzige Bundesland gewesen, das am derzeitigen Modus Kritik geübt habe.

Video von Kerns Rede am 6. Oktober 2018:

Erste SPÖ-Bundesparteivorsitzende

Mit Pamela Rendi-Wagner bekommt die SPÖ - im 130. Jahr ihres Bestehens - ihre erste Bundesparteivorsitzende. Die quer eingestiegene Ärztin, die erst eineinhalb Jahre lang Parteimitglied ist, ist die zwölfte Parteivorsitzende seit Gründung der Partei Ende 1888/Anfang 1889.

Christian Kern geht dagegen nicht nur als kürzest amtierender Bundeskanzler, sondern auch als kürzest dienender SPÖ-Parteivorsitzender in die Annalen ein. 882 Tage bzw. zwei Jahre und fünf Monate war er dann Parteichef - und führte so als einziger die SPÖ keine 1000 Tage lang.

Den Amtszeitrekord der Zweiten Republik - nämlich 16,75 Jahre (6112 Tage) - hält Bruno Kreisky, der der SPÖ 1970 erstmals Platz eins bei Nationalratswahlen und den Kanzlerposten beschert hatte. Noch wesentlich länger waren die beiden ersten SPÖ-Vorsitzenden im Amt: Gründer Victor Adler blieb vom Gründungsparteitag 1888/1889 in Hainfeld bis zu seinem Tod am 11. November 1918 fast 30 Jahre lang an der Parteispitze. Danach übernahm Karl Seitz die Parteiführung und übergab sie formal erst zur Wiedergründung der Partei 1945 an Adolf Schärf.

Die durchschnittliche Amtszeit der elf SPÖ-Chefs seit 1945 betrug - den frühen Abgang Kerns eingerechnet - etwas über acht Jahre.

(hell/APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Pamela Rendi-Wagner und  Michael Ludwig (SPÖ)
Wien

Ludwig über Rendi-Wagner: "So gesehen, passt zwischen uns kein Blatt"

Ob FPÖ-Chef Strache bei der Wien-Wahl 2020 kandidiert? Amtsinhaber Ludwig gibt sich gelassen: "Ich weiß nicht, ob er aus der Position des Vizekanzlers eine vierte Niederlage erleben will." Lob und einen Appell hat er für die neue SPÖ-Chefin.
Hans Peter Doskozil, SPÖ
Innenpolitik

SPÖ-Spitzenkandidat? "Lege für niemanden Hand ins Feuer"

Burgenlands SPÖ-Chef Doskozil rechnet mit Rendi-Wagner als nächster roten Spitzenkandidatin - sicher sei das nicht. Über Bundesgeschäftsführer Drozda sagt er: "Ob er eine teure oder billige Uhr trägt, entscheidet nicht über die Zukunft der SPÖ."
Medienmanager Gerhard Zeiler
Innenpolitik

Zeiler über Kern: "Werfe Gescheitertem keine bösen Worte hinterher"

Der Medienmanager fordert von der SPÖ eine klarere Position in der Migrationsfrage. Für das Kopftuchverbot im Kindergarten hat er Verständnis, für die Abschiebung von Lehrlingen und das Verhalten von Kanzler Kurz beim UN-Migrationspakt nicht.
Thomas Drozda erhofft sich vom Parteitag neue Impulse für die Sozialdemokratie.
Innenpolitik

SPÖ-Parteitag: 800 Gäste, 123 Anträge

Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda wünscht sich, dass der Parteitag am Wochenende in Wels zum Symbol für Geschlossenheit wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.