Orthopäden warnen vor "Smartphone-Nacken" und "SMS-Daumen"

APA
  • Drucken

Um die zwei Kilo wiegt ein durchschnittlicher Kinderkopf. Durch die typische Smartphone-Pose könne eine Belastung der Halswirbelsäule von bis zu einem Zehnfachen entstehen.

Kinder spielen stundenlang mit der Konsole und wenn nicht die, starren sie auf das Smartphone oder Tablet. Der Orthopäde Ronald Dorotka warnt vor Schäden an der Hals-/Nacken-Muskulatur - bis hin zum Bandscheibenvorfall. Dafür ist die Orthopädie um ein neues Schlagwort reicher: "Digitale Lähmung". Dieses gesellt sich zu bestehenden wie  "Spielerdaumen", dem "Space Invaders Handgelenk" und der "Nintenditis". 

Bei der Smartphone-Nutzung nimmt man meist eine Haltung ein, bei der "die Halswirbelsäule in ihren Bändern drinnen hängt", erläuterte der Präsident des Berufsverbandes seiner Fachrichtung anlässlich deren Jahrestagung am 1. Dezember vor Medienvertretern. Komme Bewegungsarmut zur Fehlhaltung dazu, bedeute dies "Alarm für die Rückengesundheit". Für Orthopäden wären Haltungsprobleme beim Nachwuchs nicht neu, so der Spezialist. "Schulkopfschmerzen" durch langes Sitzen an flachen Tischen etwa beobachte man schon lange - mittlerweile betrifft dies auch alle, die viel am Schreibtisch sitzen. Nun kommen spezielle Haltungsschäden durch die neuen portablen Medien hinzu. Schräge Arbeitsflächen und gezielte Gegenbewegungen könnten grundsätzlich derartige Erkrankungen vorbeugen und Schmerzen und Abnützungserscheinungen entgegenwirken. Untrainierte und Übergewichtige sind besonders gefährdet.

Angepasste Tische und regelmäßige Bewegung

Der Experte plädierte für angepasste Tische für die Jüngsten und vor allem regelmäßige Bewegung für den Nachwuchs. "Für uns Orthopäden kann es nicht genug Turnstunden geben", sagte Dorotka. Welcher Sport betrieben wird, sei dabei eher Nebensache, Hauptsache man bewegt sich. Besonders geeignet wären aber etwa Klettern in der Halle oder Schwimmen. Ohne Stärkung des Hals-/Nackenbereichs können unwiderrufliche Schäden entstehen. Erste Symptome sind oft eingeschlafene, kribbelnde Hände bzw. Finger.

Um die zwei Kilo wiegt ein durchschnittlicher menschlicher Kopf. Wird dieser über längere Zeit in typischer beidhändiger Smartphone-Pose nach vorne geneigt, kann eine Belastung der Halswirbelsäule von bis zu einem Zehnfachen entstehen und zu Nackenverspannungen und -schmerzen und letztlich auch Kopf- und Rückenweh führen. Mittlerweile sind alle Altersgruppen betroffen, bei Älteren mit bestehenden Abnützungserscheinungen können Vorbeugung, einfache Übungen und Lockerung besonders zielführend sein. Sonst kann es zu bleibenden Strukturbeschwerden bis hin zu Bandscheibenproblemen kommen.

Die Be- und Überlastung gipfelt immer häufiger in einer chronischen Reizung, das Resultat sind Kopf- Nacken- und Rückenschmerzen. Bewegungsarmut und Abwesenheit von Sonnenlicht wirken nicht selten als Verstärker, denn sie hemmen die Entwicklung von harten Knochen und damit einer natürlichen Widerstandskraft. Die neuen "Kinder"-Krankheiten betreffen immer mehr Menschen aller Altersklassen, Tendenz steigend.

Vom Spielerdaumen und der Nintenditis

Die Haltungsschäden inklusive den Warnungen davor sind nicht neu. Als die ersten Konsolen die heimischen Wohnzimmer erreichten, häuften sich bald Berichte über schmerzende und teils entzündete Daumen in den Arztpraxen dieser Welt. Viele Begriffe wurden aber von Autoren wissenschaftlicher Arbeiten selbst definiert, nach dem diese es an sich selbst beobachtet haben. So kommt der Begriff "Space Invaders Handgelenk" vo einem Medizinstudenten, der auf das Aufsuchen eines Arztes verzichtete. Von "Wiitis" war erstmals im "New England Journal of Medicine" die Rede. Der spanische Arzt Julio Bonis beschrieb darin seine eigenen schmerzhaften Erfahrungen mit der Nintendo-Konsole Wii. Dabei litt er unter einem Stechen im Nacken, geschwollene Gelenke, entzündete Fingergelenke und Augenschmerzen. 

Dabei haben alle die Begriffe eines gemeinsam: ihre Symptome. Egal ob "Playstation-Daumen", "Text-Tendinitis", "SMS Daumen" oder "Digitale Lähmung".

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.