Würden sich die Bundesländer am jeweils Besten orientieren, könnten sechs Milliarden Euro gespart werden, lautet das Resultat einer Studie von EcoAustria. Vor allem Tirol überzeugt.
Wien. Obwohl in Österreich viele Kompetenzen bereits beim Bund gebündelt sind, haben die neun Bundesländer in Bereichen wie der Gesundheitsversorgung, der Pflege, aber auch der öffentlichen Verwaltung nach wie vor sehr große Eigenständigkeit. Das führt dazu, dass es auch unterschiedliche Ergebnisse gibt – sowohl was den notwendigen Einsatz von Steuermitteln betrifft als auch hinsichtlich des damit erzielten Outputs. Das IV-nahe heimische Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat sich in einer Studie nun angesehen, welchen Effekt es hätte, wenn sich alle Bundesländer in jedem föderalen Bereich so verhielten wie das effizienteste. Und die Ökonomen sind dabei auf ein erhebliches Einsparungspotenzial gekommen.
Demnach könnte durch sogenanntes Benchmarking insgesamt ein Volumen von fast sechs Mrd. Euro eingespart werden. „Das entspricht rund 1,7 Prozent des heimischen BIPs, die gehoben werden könnten, ohne das Niveau öffentlicher Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu senken“, heißt es in der Studie. Würde dieser Vergleich mit den Besten auch über die Staatsgrenzen hinweg erfolgen, läge das Einsparungspotenzial noch wesentlich höher.
Wenige, dafür große Spitäler
Ein gutes Beispiel für höhere Effizienz zeigt das heimische Spitalswesen. Dort wäre mit einem Volumen von 2,4 Mrd. Euro auch der größte Brocken der Gesamteinsparung zu holen. Vorbild ist in diesem Segment Tirol. Für den Bundeslandvergleich werden sogenannte LKF-Punkte herangezogen. Das ist jene Zählweise, mit der Krankenhäuser unterschiedliche Erkrankungen und Unfallfolgen gegenüber den Kostenträgern wie den Sozialversicherungen abrechnen. In Tirol kostet jeder LKF-Punkt den Steuerzahler 0,93 Euro, in anderen Bundesländern steigt dieser Wert auf bis zu 1,45 Euro – ist also knapp 60 Prozent höher.
Als Grund für diese höhere Effizienz in Tirol nennt EcoAustria die Struktur des dortigen Spitalswesens. „Die Strukturanalyse zeigt, dass Tirol über weniger, jedoch größere Spitäler verfügt“, so die Studienautoren. Mit 2,4 Anstalten je 100.000 Einwohner weist Tirol die zweitniedrigste Zahl der Krankenhäuser in ganz Österreich aus, gleichzeitig sind diese mit durchschnittlich 279 Betten pro Anstalt aber die drittgrößten Spitäler. Das führt nicht nur zu Effizienzvorteilen, die sich in größeren Strukturen ergeben, sondern auch zu einer besseren Auslastung. In Tirol wurden je Einwohner von den Krankenhäusern so viele LKF-Punkte abgerechnet wie sonst in keinem anderen Bundesland. Zum Teil mag hier zwar der Wintertourismus (Skiunfälle etc.) hineinspielen, in Summe sind die Spitäler in Tirol aber „stärker bedarfsorientiert ausgerichtet, als dies in anderen Bundesländern der Fall ist“, konstatieren die Ökonomen.
Auch im zweiten großen Posten, der öffentlichen Verwaltung, haben die Tiroler die Nase vorn. Hier wurde die Qualität des Outputs an Hand des „Quality of Government“-Index berechnet – einem inzwischen international üblichen Wert beim Vergleich staatlicher Verwaltung. Dieser Index ergibt sich unter anderem durch eine Bürgerbefragung von 34.000 Einwohnern in 172 EU-Regionen, darunter die heimischen Bundesländer.
Auch hier sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern beträchtlich. Gibt das Land Tirol 411 Euro je Indexpunkt aus, sind das in den anderen Bundesländern bis zu 633 Euro – also erneut eine Abweichung um gut die Hälfte. Würden sich alle Länder strukturell so aufstellen wie Tirol, könnte in Summe hierbei eine Einsparung von über einer Milliarde Euro erzielt werden.
Angst vor Abwehrhaltung
Die Namen der ineffizienteren Bundesländer werden dabei übrigens nicht offengelegt. Man wolle zu einem sinnvollen Voneinander-Lernen anregen und nicht mit dem Finger auf Einzelne zeigen. Denn das führe in der Regel dazu, dass es lediglich zu einer Abwehrhaltung komme, heißt es in der Einleitung der Studie.
Dass es auch in anderen Ländern positive Punkte gibt, zeigen die – vom Einsparungspotenzial her betrachtet weniger wichtigen – Bereiche. So liegt das Burgenland bei der ambulanten Gesundheitsversorgung vorn, Salzburg bei den Pflichtschulen, Kärnten bei der Kinderbetreuung, Niederösterreich bei der stationären sowie Vorarlberg bei der ambulanten Pflege und Oberösterreich bei der Verwaltung der Wohnbauförderung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2018)