Bankenaufsicht wandert vollständig zur FMA - OeNB-Belegschaft dagegen

Finanzminister Hartwig Löger (re), Staatssekretär Hubert Fuchs
Finanzminister Hartwig Löger (re), Staatssekretär Hubert FuchsHANS PUNZ / APA / picturedesk.co
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Die Koalition hat sich auf Reform der Bankenaufsicht geeinigt: Sie wird trotz Protest der Nationalbank bei der Finanzmarktaufsicht angesiedelt.

Die Bundesregierung hat sich auf eine Reform der Bankenaufsicht geeinigt: Sie wandert vollständig zur Finanzmarktaufsicht (FMA). Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) muss ihre Kompetenzen in diesem Bereich abgeben, gaben Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Finanz-Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) am Dienstagvormittag vor Journalisten bekannt.

Die Reform soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden - und neben der Beseitigung von Doppelgleisigkeiten auch zu einer Trennung von Aufsicht und Regulierung führen, sagte Löger. Letztere soll künftig im Parlament und beim Finanzministerium angesiedelt werden. "Die Legistik wird künftig von der FMA abgezogen, die Aufsicht über die Einhaltung der Regeln obliegt aber natürlich weiter der FMA", führte Fuchs aus. Während verschiedene Wirtschaftsvertreter und die FMA selbst die Reform in ersten Reaktionen positiv beurteilten, kam von den Oppositionsparteien und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Kritik.

Die Belegschaft der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) lehnt die Pläne gar ab. Ein entsprechender Beschluss wurde am Dienstagvormittag gefasst, wie die Vorsitzende des Wiener OeNB-Betriebsrats, Birgit Sauerzopf, gegenüber der APA bestätigte. Der Beschluss fiel einstimmig aus.

"Aufgebrachte Stimmung" in OeNB

An der Betriebsversammlung am Wiener OeNB-Standort nahmen laut Angaben des Betriebsrats rund 200 Mitarbeiter teil. "Die Stimmung war sehr aufgebracht", schilderte Sauferzopf. Die Gründe für die Reform seien unklar. Das aktuelle System sei sehr gut einspielt und international ginge der Trend eher in Richtung Stärkung der Zentralbanken, sagte die Arbeitnehmervertreterin.

Ob und inwiefern ein Wechsel in die FMA zu einer Schlechterstellung der betroffenen Mitarbeiter führen wird, lässt sich laut Sauerzopf noch nicht beantworten, weil es derzeit noch an konkreten Informationen mangle. "Wir sind nicht gut informiert worden", kritisierte sie.

Scharfe Kritik an der Reform übte auch OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny. Er attestierte der Regierung eine Tendenz, "die OeNB ein bisschen als nachgeordnete Dienststelle zu sehen". Dazu könne er nur "Wehret den Anfängen" sagen. In einem Telefongespräch mit dem Finanzminister im Vorfeld der Bekanntgabe habe er, Nowotny, keine konkreten inhaltlichen Informationen erhalten. Angesprochen auf die Kritik des OeNB-Gouverneurs verwies Löger auf sein Telefonat mit dem Gouverneur und sagte, dass Nowotny die Umsetzung der Reform "sehr konstruktiv begleiten und tragen" werde.

Die FMA hingegen begrüße "jeden Schritt, der die Aufsicht über den österreichischen Finanzmarkt stärkt, verbessert und optimiert und den integrierten Aufsichtsansatz stärkt", sagte Sprecher Klaus Grubelnik gegenüber der APA. Mit der OeNB werde man weiterhin eng und gut zusammenarbeiten.

WKO: "Mehr Effizienz"

Positiv beurteilt wird das Vorhaben auch in der Wirtschaftskammer Bankensparte: Die Ziele der Reform seien "aus Sicht der gesamten heimischen Finanzbranche gut für den Finanzplatz Österreich", sagte Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) befürwortet die Reform ebenfalls. Sie bringe "mehr Effizienz und Klarheit und damit allen geprüften Institutionen mehr Rechtssicherheit", so KSW-Präsident Klaus Hübner in einer Aussendung. Positiv äußerten sich auch Industriellenvereinigung (IV) und Aktienforum.

Kritisch äußerten sich hingegen die Oppositionsparteien. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer mutmaßte, Löger wolle mit der Reform den Banken und Versicherungen einen Gefallen tun, während es FPÖ-Vizekanzler Strache nur darum ginge, genug Direktoren in der OeNB für die FPÖ zu bekommen. Die Reform sei ein "Risiko für die Finanzmarktstabilität", weil die Nationalbank nun die tiefe Einsicht in die Banken verliere. Dies könnte in Krisensituationen zum Problem werden.

In eine ähnliche Kerbe schlug Jetzt-Klubobmann und Finanzsprecher Bruno Rossmann, der ebenfalls ein "hohes Risiko" darin sieht, die Bankenaufsicht von der OeNB wegzuverlagern. Die NEOS wiederum halten die Reform an sich für "wichtig und richtig", wie Finanzsprecher Sepp Schellhorn sagte. Allerdings bekomme die Regierung "keine Reform ohne Postenschacher" hin, die FPÖ habe die ÖVP übervorteilt und sich wichtige Jobs für Parteigünstlinge in Nationalbank und FMA gesichert.

Kritik von Nowotny

Schellhorn spielt damit auf die Debatte um die Zahl der Direktoriumsmitglieder in der OeNB an. Diese Frage hatte in der Vorwoche wegen einer versehentlich öffentlich gewordenen Kurznachricht von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) für Aufsehen gesorgt. Strache hatte darin befürchtet, dass das Direktorium wegen der Auslagerung der Bankenaufsicht auf drei Mitglieder verkleinert würde. Der Vizekanzler beanspruchte den vierten Posten aber für die FPÖ. Im heuten präsentierten Reformvorschlag ist nun keine Verkleinerung des Direktoriums vorgesehen. Eine solche sei nie ein Diskussionspunkt gewesen, sagte Löger. Staatssekretär Fuchs verwies zudem auf eine neue Kompetenzstelle zur Finanzmarktstrategie: "Es wandert zwar etwas ab, aber es kommt auch etwas dazu".

Im Zuge der Umstrukturierung sollen jedenfalls rund 170 betroffenen Mitarbeiter von der OeNB zur FMA übersiedeln. Teilweise könne dies auch mit Überlassungen geschehen, sagte Löger. Die Nationalbank wird aber weiter für die Finanzmarktstabilität zuständig bleiben. Die FMA wiederum soll nach den Plänen der Koalition künftig stärker kontrolliert werden. Der Aufsichtsrat soll gestärkt und mit "unabhängigen Experten aus Wirtschaft" besetzt werden, wie Fuchs sagte. Auch seine inhaltliche Kompetenz soll ausgeweitet werden - und zwar um die Bereiche Budget und strategische Planung.

(APA)

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