Umfrage: Nur ein Fünftel der Juden in Europa fühlt sich "sehr sicher"

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GERMANY-WWII-HISTORY-JEWSAPA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Immer mehr befürchten wachsenden Antisemitismus, ergab eine Online-Umfrage unter jüdischen Führungspersönlichkeiten. Viele von ihnen tagen am Mittwoch bei einer Konferenz in Wien, bei der auch Regierungsmitglieder der ÖVP, aber nicht der FPÖ teilnehmen werden.

Immer mehr Juden in Europa fürchten sich um ihre Sicherheit. Lediglich 20 Prozent der Teilnehmer einer Onlinebefragung unter jüdischen Führungspersönlichkeiten hätten angegeben, dass sie sich an ihrem Wohnort "sehr sicher" fühlten, berichtet die Tageszeitung "Haaretz" (Dienstagsausgabe). Vor zehn Jahren waren es noch 36 Prozent gewesen, meldet Kathpress.

Sehr unsicher fühlen sich demnach 13 Prozent, während es vor zehn Jahren noch sechs Prozent gewesen waren. Zwei Drittel der Befragten äußerten die Befürchtung, dass es in den nächsten zehn Jahren zu einer Zunahme des Antisemitismus kommen werde (2008: 54 Prozent). Gute Noten erhielten die jeweiligen Regierungen. 73 Prozent der Befragten bezeichneten den Umgang ihrer jeweiligen Regierung mit den Sicherheitsbedürfnissen der jüdischen Gemeinden als angemessen. Die Umfrage wurde vom "American Jewish Joint Distribution Committee's International Centre for Community Developments" (JDC-ICCD) durchgeführt.

Wachsender Antisemitismus

Als Bedrohung für die Zukunft jüdischen Lebens in Europa sehen die Leiter der jüdischen Gemeinden den Antisemitismus, den demografischen Wandel aber auch die Abkehr vom jüdischen Leben. Sie sehen auch einen Zusammenhang zwischen dem wachsenden Antisemitismus und den Ereignissen in Israel, weswegen Juden ermutigt werden sollten, ihre Vorbehalte gegenüber Israel und der israelischen Politik zu äußern. 76 Prozent der 893 Befragten aus 29 Ländern schlossen eine Auswanderung aus.

Der Antisemitismus und Antizionismus ist am morgigen Mittwoch Gegenstand einer hochkarätig besetzten Konferenz im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes in Wien. Spitzenvertreter der jüdischen Gemeinden, darunter die Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses (WJC) und des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC) werden gemeinsam mit Experten und europäischen Spitzenpolitikern über Strategien zur Sicherung des jüdischen Lebens in Europa diskutieren.

EJC-Präsident Moshe Kantor betonte im Vorfeld, dass der Antisemitismus angesichts der immer größeren Stärke von linken und rechten radikalen Gruppen "eine der größten Sicherheitsherausforderungen unserer Zeit ist". Bereits am Montag und Dienstag fand auf Initiative des Innenministeriums eine Konferenz zu Europäischen Werten statt, bei der es ebenfalls um Antisemitismus gehen sollte. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, boykottierte diese aber.

Keine FPÖ-Mitglieder bei Konferenz

An der Konferenz am Mittwoch nehmen für den EU-Ratsvorsitz nur ÖVP-Regierungsmitglieder teil, angeführt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der auch die Abschlussrede halten will. Nachdem Kickl am Montag vor einer "neuen Intensität" der Bedrohung durch den Antisemitismus gewarnt hatte, pochten am Dienstag auch ÖVP-Politiker auf einen "entschlossenen" Kampf gegen dieses Phänomen. Der EU-Abgeordnete Heinz Becker forderte in einer Aussendung "mehr aktive Absprache" unter den europäischen Regierungen und Behörden bei Prävention und Bekämpfung von Verhetzung. "Gerade in Zeiten sozialer Medien kann man Antisemitismus nur grenzüberschreitend bekämpfen", so Becker.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer mahnte, dass der Kampf gegen Antisemitismus "niemals aufhören" dürfe. Zugleich verwies er auf Antisemitismus unter Zuwanderern und betonte: "Speziell hier müssen wir als Politik wachsam sein. Hier darf es keine Toleranz geben."

(APA)

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