EU-Ratsvorsitz: Opposition zieht vernichtende Bilanz

REUTERS/Leonhard Foeger
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Die Präsidentschaft sei von den Interessen der Regierung geleitet gewesen, kritisiert "Jetzt". Auch die SPÖ fällt ein kritisches Urteil: vom "Kniefall vor Russland" bis zur Doppelpass-Debatte.

Der österreichische Ratsvorsitz war Mittwoch Vormittag auf Wunsch der Liste "Jetzt" Thema der "Aktuellen Europastunde" im Nationalrat. Die Einschätzung der Leistungen der Regierung Kurz war nicht gerade einheitlich. Zwischen "perfekt" und "überfordert" war alles mögliche zu hören.

"Jetzt"-Abgeordnete Alma Zadic ärgerte sich darüber, dass die Präsidentschaft von nationalen Interessen geleitet gewesen sei und nicht zum Wohle der EU. Als Ausdruck mangelnder Solidarität wertete sie die von der Koalition jüngst beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe. Dem Kampf gegen Arbeitslosigkeit in Europa beispielsweise habe sich Österreich nicht widmen wollen.

Da hakte auch der EU-Wahl-Spitzenkandidat der SPÖ Andreas Schieder ein, der auf die Absage des Arbeits- und Sozialministerrats hinwies. Seine Bilanz der Ratspräsidentschaft war überhaupt vernichtend. Begonnen habe alles mit einem Kniefall vor Russlands Präsident Wladimir Putin, dann habe man Italiener und auch die Südtiroler mit der Doppelpass-Debatte verstört und schließlich Digital- und Finanztransaktionssteuer abgesagt.

Vilismsky: Vorsitz "perfekt gelaufen"

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger vermisste klare Leitlinien in der österreichischen Präsidentschaft. Vielmehr habe die Regierung den Ratsvorsitz defensiv und unambitioniert angegangen und sei letztlich "überfordert" gewesen. Außer der Migration, wo nichts weiter gegangen sei, habe man die Schicksalsfragen für die nächste Generation ausgeklammert, egal, ob es nun um Klimawandel, Steuergerechtigkeit oder Sicherheit gehe.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky zeigte sich wiederum entrüstet, dass die Opposition selbst während des Ratsvorsitzes keine gemeinsame rot-weiß-rote Haltung zeige. Dabei sei der Vorsitz "perfekt gelaufen", ein "Best-Practice-Modell". Inhaltlich hob der Europaabgeordnete besonders hervor, dass die österreichische Regierung den Grenzschutz vorangetrieben und nicht den Kopf in den Sand gesteckt habe.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war ebenfalls der Meinung, dass seine Regierung beachtliche Arbeit geleistet habe, verwies dabei etwa auf das Afrika-Forum oder die gerade stattfindende Antisemitismus-Konferenz. Bei der Migrationsfrage sieht er insgesamt die Trendwende gelungen. Das mit Abstand größte Thema des Ratsvorsitzes sei aber der "Brexit" gewesen. Wenn es hier zu einem harten "Brexit" komme, werde das nicht nur großer Schaden für Großbritannien sein sondern auch für die EU insgesamt und dann seien wirklich Arbeitsplätze in Gefahr. Daher sei es die wichtigste Aufgabe des österreichischen Ratsvorsitzes gewesen, die Einzeit der EU-27 zu wahren und "Brexit"-Verhandler Michel Barnier best möglich zu unterstützen.

(APA)

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