Die Zuwanderung entschärft künftig zwar den Mangel an Erwerbstätigen, so eine Prognose der Statistik Austria. Das Pensionsproblem löst sie aber nicht.
Wien. Österreichs Bevölkerung wird in den kommenden Jahrzehnten deutlich wachsen. 2060 soll die Einwohnerzahl mit einem Plus von elf Prozent gegenüber 2017 knapp zehn Millionen betragen, bis 2080 wird sogar ein Wachstum von 13 Prozent erwartet. Das ist das Ergebnis der jüngsten Prognose der Statistik Austria, die am Donnerstag präsentiert wurde. Haupttreiber sind höhere Lebenserwartung und vor allem die Zuwanderung.
Auch die Zahl der Erwerbstätigen wird steigen – allerdings wesentlich schwächer als die Gesamtbevölkerung. So erwarten die Statistiker bis 2080 lediglich ein Plus von fünf Prozent auf 4,8 Millionen Berufstätige. Die Folge ist, dass die Finanzierung des Pensionssystems durch die Migration nicht gelöst wird. „Durch den Anstieg der Erwerbstätigen ist das Thema der Pensionen nicht erledigt. Hier stellen sich nach wie vor viele Fragen, die frühzeitig angegangen werden müssen“, sagt Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer.
Die Geburten
Zuerst einmal die gute Nachricht: Es wird wieder mehr Kinder geben. Grund dafür ist, dass viele Frauen den Kinderwunsch nach hinten geschoben haben und das nachholen. Von 1,52 Kindern je Frau wird dieser Wert laut Langfristprognose auf 1,6 steigen. Allerdings liegt Österreich damit immer noch deutlich unter dem Wert von zwei Kindern – der für den Erhalt der Bevölkerungszahl notwendig ist. Das führt dazu, dass die Babyboomer, die zunehmend ins Pensionsalter kommen, für eine Überalterung und etwa ab 2030 für eine negative Geburtenbilanz sorgen werden. Es werden dann jedes Jahr mehr Österreicher sterben, als geboren werden (siehe Grafik).
Daran ändert auch die höhere Lebenserwartung nichts, die bei Männern von 79,3 Jahren bis 2080 auf 89,2 Jahre steigen soll. Frauen sollen dann im Schnitt sogar 92,3 Jahre alt werden (aktuell 83,9 Jahre). Allerdings verschiebt sich dadurch die Altersverteilung in der Bevölkerung. Zwar bleibt die beitragszahlende Gruppe der 20- bis 64-Jährigen mit 5,2 Millionen in absoluten Zahlen weitgehend gleich – die Zahl der über 65-Jährigen verdoppelt sich jedoch beinahe von 1,6 auf 2,9 Millionen Österreicher.
Die Zuwanderung
Migranten schwächen diese Entwicklungen in ihrer Drastik bereits ab. „Ohne Zuwanderung würde das Arbeitskräfteangebot sogar um 35 Prozent sinken“, sagt Pesendorfer. Auch die Gesamtbevölkerung würde ohne sie bis 2080 auf unter sieben Millionen Menschen zurückgehen. Die Überalterung kann die Migration aber nicht stoppen. Zwar ist der Großteil der Zuwanderer in einem erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 35 Jahren. „Diese Menschen erwerben durch ihre Berufstätigkeit aber ebenso Rechte, weshalb sie mittelfristig ebenfalls Leistungsempfänger werden.“
In den vergangenen Jahren betrug der Wanderungssaldo in Österreich im Schnitt etwas mehr als 50.000 Menschen, mittelfristig soll sich das auf 30.000 reduzieren, so die Prognose. In relativen Zahlen ist die Zuwanderung aus und die Abwanderung nach Herkunftsregionen zwar weitgehend ähnlich (siehe Grafik). Da es in Summe aber mehr Zuwanderer als Auswanderer gibt, werde die Zahl der im Ausland Geborenen von 19 auf 26 Prozent steigen.
Die Auswirkungen
„Es wird immer weniger Erwerbspersonen im Verhältnis zu Menschen im Pensionsalter geben“, sagt Konrad Pesendorfer. Gab es 2017 noch 278 Beitragszahler pro 100 Pensionisten, wird dieser Wert 2050 auf 181 Beitragszahler sinken, 2080 soll er gar nur noch 166 betragen. Daran ändern auch Maßnahmen nichts, die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen oder das tatsächliche Pensionsantrittsalter auf 65 zu bewegen – denn das ist in der aktuellen Prognose bereits enthalten. So werden laut den Statistikern ab 2050 Frauen gleich stark im Erwerbsleben stehen wie Männer (81 Prozent der 15- bis 64-Jährigen). Und die Zahl der Berufstätigen, die über 55 Jahre alt sind, wird von 690.000 auf 1,05 Millionen ansteigen.
IN ZAHLEN
1,64 Millionen Menschen in Österreich sind derzeit älter als 65 Jahre. 5,44 Millionen sind in der Altersgruppe von 20 bis 64.
2,88 Millionen Menschen werden im Jahr 2080 über 65 Jahre alt sein. Die Zahl der 20- bis 64-Jährigen wird währenddessen leicht auf 5,2 Millionen sinken.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2018)