Regieren ohne Gesetz wäre illegal

PLENARSAAL IN DER HOFBURG
PLENARSAAL IN DER HOFBURGAPA/HERBERT NEUBAUER
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Koalitionsplan. ÖVP und FPÖ wollen, dass im Sozialversicherungsbereich schon vor einem Parlamentsbeschluss gehandelt werden darf. Juristen halten den Plan für verfassungswidrig.

Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk muss fast schon lachen, als er den geplanten Gesetzestext liest. „Es ist immer wieder überraschend, was so alles erdacht wird“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“.

Es geht um den Abänderungsantrag, den die türkis-blaue Koalition im Parlament zum Sozialversicherungsrecht eingebracht hat. Die Opposition kritisiert den Plan scharf. „Man zerschießt die Verfassung vorsätzlich“, meint Neos-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak, die SPÖ fühlt sich sogar an die Zeiten des Ständestaats erinnert. Die Regierung hingegen betont, sie benötige die neuen Regeln für ihre Reformen. Aber wie ist das geplante Gesetz nun verfassungsrechtlich zu beurteilen?

Im von der türkis-blauen Koalition geplanten §717b des ASVG heißt es: „Vorbereitungshandlungen, die im Hinblick auf erst in der Zukunft liegende Gesetzesänderungen im Bereich der Sozialversicherungsgesetze erforderlich sind, können bereits vor dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Bundesgesetzes durchgeführt werden, wenn andernfalls eine fristgerechte Umsetzung nicht möglich wäre und der Gesetzesvorschlag bereits in parlamentarischer Behandlung steht.“

Das heißt übersetzt aus dem Juristendeutsch: Auch, wenn noch kein Gesetz beschlossen ist, darf die Verwaltung (in diesem Themenbereich angeführt von FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein) schon Handlungen setzen. So, als gebe es das Gesetz bereits.

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