Die eine und die andere Art

Andrea Reiter: Erinnerung oder die Suche nach jüdischer Identität in Österreich.

Und dann kam das Jahr 1986, und nichts war mehr wie all die Jahrzehnte zuvor, in denen es sich die österreichische Gesellschaft so schön gemütlich gemacht hatte auf diesem Sitzpolster, der durch die Moskauer Deklaration ausgegeben, im Staatsvertrag von 1955 verankert worden war, die Bezeichnung „erstes Opfer“ trug – und seitdem gerne verwendet worden war. 1986, vor den österreichischen Präsidentschaftswahlen, wurde dieser Sitzpolster auf einmal ungemütlich – und erschien hernach nicht mehr einladend. Der Kandidat der ÖVP, Kurt Waldheim, wurde plötzlich der Verschleierung seiner ehemaligen Wehrmachtszugehörigkeit bezichtigt – ein Aufschrei ging durch das Land. Das kleine Österreich war also vielleicht doch auf die eine oder andere Weise mit dem Nazi-Regime interessengeleitet verbunden gewesen.

Andrea Reiter, Professorin im Fach German in Modern Languages and Linguistics an der University of Southampton in Großbritannien, widmet sich in ihrer Forschung der Literatur des Holocausts und des Exils sowie österreichischer Nachkriegsliteratur. Bereits 2013 erschien ihre Studie „Contemporary Jewish Writing. Austria After Waldheim“ bei Routledge, die überarbeitet nun auf Deutsch vorliegt.

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