Die europäische Sozialdemokratie durchlebt die schwerste Krise der Nachkriegsgeschichte.
Olof Palme sitzt in der Hollywoodschaukel. Willy Brandt lehnt nebenan im Gartenstuhl, genauso wie Gastgeber Bruno Kreisky. Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt das „goldene Jahrzehnt der Sozialdemokratie“, die gute alte Zeit. 43 Jahre später ist das Vermächtnis der „drei Musketiere“ in akuter Gefahr.
Selbst Palmes rote Festung im hohen Norden, die lang unerschütterlich schien, wird von Populisten belagert. Die Rechte erstarkte bei den Wahlen in Schweden, die Sozialdemokraten verloren historisch und vielleicht auch die Macht. Zweieinhalb Monate nach der Wahl steht das Land ohne Aussicht auf eine neue Regierung da.
Bruno Kreiskys Nachfahren in der SPÖ haben die Macht schon abgegeben. Es könnte jedoch schlimmer sein. So wie in Deutschland zum Beispiel. Willy Brandts Erbe zerrinnt zwischen den Fingern seiner Nachfolger. Die SPD ist im freien Fall. In Umfragen landet sie mitunter bei 14 Prozent und auf Platz vier.
Ist nun das „Ende des sozialdemokratischen Zeitalters“ angebrochen, wie es der Soziologe Ralf Dahrendorf verfrüht im Jahr 1983 ankündigte? Zumindest durchlebt die europäische Sozialdemokratie die schlimmste Krise der Nachkriegsgeschichte. Die Zahl der gewählten sozialdemokratischen EU-Premiers schrumpfte auf fünf. Das Quintett stammt aus Rumänien, Malta, der Slowakei sowie aus Portugal und Spanien. Das sind die Lichtblicke. Aber sonst schreitet die sogenannte Pasokisierung in Europa voran: Die einst alleinregierenden griechischen Sozialdemokraten (Pasok) warenim Gefolge der Schuldenkrise in den Abgrund der Bedeutungslosigkeit gestürzt – sechs Prozent. Das Symbol zum Niedergang der Sozialdemokratie liefert aber die „pasokisierte“ Parti socialiste (PS) in Frankreich, die wegen des Wählerschwunds ihre Parteizentrale verkaufen muss. Just ein abtrünniger PS-Mann, Emmanuel Macron, stürzte die Partei in die Existenznot. Auch in Polen ist es vorbei. Die Sozialdemokraten sind aus dem Parlament verschwunden.