SPÖ segnet Parteistatut ab – mit reichlich Widerstand

APA/BARBARA GINDL
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Die SPÖ wird nach den internen Querelen über das Statut nun demokratischer. Vielen zu wenig. Auch die Regeln für künftige Koaltionspartner wurden am Parteitag beschlossen.

Die SPÖ hat sich bei ihrem Parteitag in Wels ein neues Statut verpasst, das den Mitgliedern ein wenig mehr Rechte bringt. Die Zustimmung war mit 19 Gegenstimmen recht hoch, obwohl offenbar viele Delegierte das ursprüngliche weitreichendere Modell bevorzugt hätten, das von den Jugendorganisationen als Alternative eingebracht wurde.

Genau das ist das außergewöhnliche an dem Beschluss, dass das erste Konzept sogar einer Mitgliederbefragung unterzogen wurde, danach aber trotz klarer Zustimmung wieder verworfen worden, angeblich auf Druck der Wiener Landespartei.

Die Jugendorganisationen forderten deshalb am Parteitag, zum ursprünglichen Konzept zurückzukehren. Als besonders ärgerlich wurde von der Jugend erachtet, dass Koalitionsabkommen nun doch nicht automatisch den Mitgliedern vorgelegt werden. Ein Antrag das wieder zu ändern, fand mit 162 zu 202 Stimmen recht knapp keine Mehrheit. Alt-Bundesgeschäftsführer Max Lercher stimmte übrigens mit den Jugendorganisationen für das alte Konzept mit dem Mitgliedervotum über Koalitionsabkommen.

Parteispitze soll schlanker werden

Immerhin, etwas mehr mitzureden hat die Basis dann doch. Finden sich künftig fünf Prozent der Mitglieder zusammen, gibt es ein Referendum zu inhaltlichen Fragen, das aber nicht bindend ist. Bei zehn Prozent - dem bisherigen Mindestwert für ein Referendum - wird es bindend, allerdings auch nur, wenn zumindest 20 Prozent an der Befragung teilnehmen.

Einige Inhalte sind freilich ausgeschlossen. So kann kein Referendum über die Höhe des Mitgliedsbeitrags eingeleitet werden. Auch bei Koalitionsabkommen ist entgegen ursprünglichen Plänen kein Mitgliedervotum vorgesehen. Zu dem kommt es nur, wenn sich die Mehrheit des Bundesparteivorstands dafür ausspricht.

Erschwert wird die Kandidatur für Langezeit-Mandatare, aber nur wenn sie auf der Bundesliste kandidieren. Dann braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit in den Gremien, um nach zehn Jahren weiter im Parlament vertreten sein zu können.

Ein wenig schlagkräftiger soll die Parteispitze werden. Statt der derzeit 17 Stellvertreter soll die Parteichefin künftig nur noch sechs Vizes haben. Auch der Vorstand wird von über 70 auf maximal 55 reduziert. Parteitage finden in Zukunft nur noch alle drei Jahre statt, bisher alle zwei. Das gefiel der Jugend und etlichen Delegierten auch nicht.

21 Gegenstimmungen für Wertekompass

Verhindert werden mit dem Statut Multifunktionäre mit Multi-Gehältern. SPÖ-Politiker in gut bezahlten Funktionen wie Regierungsmitglieder, Bürgermeister und Stadträte größerer Gemeinden etc. dürfen aus keiner weiteren politischen Funktion ein Gehalt beziehen. Tun sie es doch, ist diese Entlohnung als Solidaritätsbeitrag "wissenschaftlichen, sozialen und ökologischen Zwecken" zu widmen.

Ferner Inhalt des neuen Statuts sind die sogenannte Gastmitgliedschaft, die für ein Jahr eingegangen werden kann und schon länger erprobt wird, sowie Themen- und Projektinitiativen, also eine Art Sektionen, die sich nicht nach Orten sondern nach Inhalten organisieren.

Ebenfalls abgesegnet wurde der sogenannte Wertekompass, der quasi Basis für künftige Koalitionen sein soll. Verlangt wird etwa ein Bekenntnis zum antifaschistischen Konsens, zur österreichischen EU-Mitgliedschaft, zur Europäischen Menschenrechtskonvention, zur Erweiterung des Systems der sozialen Sicherung, zur Gleichstellung der Geschlechter, zur Freiheit der Kunst, aber auch zum freien Hochschulzugang. Wortmeldungen gab es gerade einmal zwei, jeweils von Jugendorganisationen, die ein klares Bekenntnis dazu verlangten, nicht mit der FPÖ zu koalieren. So gab es dann auch immerhin 21 Gegenstimmen und drei Enthaltungen zum Wertekompass, die meisten davon seitens der Parteijugend.

(APA/dpa)

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