Was Putin und Poroschenko so konfliktbereit macht

Russian President Vladimir Putin shakes hands with his Ukrainian counterpart Petro Poroshenko in Minsk
Russian President Vladimir Putin shakes hands with his Ukrainian counterpart Petro Poroshenko in Minsk(c) REUTERS (POOL New)
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Die beiden Staatschefs haben innenpolitisch an Popularität verloren. Ein Blick auf ihre Volkswirtschaften erklärt vieles.

Nimmt man die Reaktionen der Börse, dann erscheint der neu eskalierte Konflikt zwischen Russland und der Ukraine vorerst nicht so dramatisch, wie er das auf diplomatischer Ebene tut. Nach deutlichen Abschlägen am ersten Tag der Konfrontation notierte gestern die ukrainische Börse zwar noch leicht tiefer. In Moskau jedoch war bereits wieder Erholung angesagt. Und obwohl vermehrt von neuen Sanktionen gegen Russland die Rede war, erholte sich auch der Rubel.

Alle Aspekte gibt und spiegelt natürlich auch die Börse nicht wider. Zumindest lässt sich an ihr nicht ablesen, wie kritisch es um die Präsidenten der beiden Staaten bestellt ist und wie sehr der Zustand ihrer Volkswirtschaften an ihren innenpolitischen Popularitätswerten geknabbert hat. Gerade in diesem Faktum sehen ja viele Beobachter – darunter Gerhard Mangott, ausgewiesener Osteuropa-Experte der Universität Innsbruck – ein Motiv für die Konfrontation, mit der man im Inland populistisch punkten könnte.   

Die Zahlen sprechen eine eindrucksvolle Sprache. Bei Kremlchef Wladimir Putin etwa, bei dem ein starker Ratingverlust auch im Vorfeld der Krim-Annexion 2014 feststellbar gewesen war, ist dieses nun abermals auf den Wert von vor der Krimkrise gefallen. Damals, Ende 2013, hatten 37 Prozent der Russen (für das autoritäre System ein hoher Wert) Putins Politik nicht mehr gebilligt. Mit der Krim-Annexion fiel der Wert auf 17 Prozent, ehe er nun wieder auf 33 Prozent angestiegen ist, wie das unabhängige Meinungsforschungsinstitut Levada-Center soeben in einer Umfrage zutage gefördert hat. Dazu kommt, dass plötzlich 61 Prozent der Russen Putin selbst und nicht mehr – wie bisher üblich – seine Beamten für die Probleme im Land verantwortlich machen. So hoch war der Wert seit Beginn der Umfragen noch nie. 56 Prozent würden den Präsidenten heute noch wählen.

Niedrige Zustimmung für Poroschenko im Land

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ist selbst von diesem Niveau meilenweit entfernt. Zwar ist die politische Landschaft in der Ukraine traditionell bunter. Aber die acht Prozent Zustimmung, auf die er kormmt, sind dennoch blamabel. Angesichts der Tatsache, dass im März gewählt wird, steht er unter gehörigem Druck. Dies umso mehr, als seine Gegner erstarken – allen voran die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko, die ihn längst überholt hat.

Allein, was ist es, das die Bürger in beiden Staaten derart unzufrieden mit ihren Staatsoberhäuptern zurücklässt?

Ganz aktuell laborieren beide paradoxerweise an einer Reform, zu der sie sich durchringen mussten. Bei Putin ist dies die Anhebung des Pensionsantrittsalters, die ihm nach der Wiederwahl vom Frühjahr weit zurückgeworfen hat. Dazu kommt, dass die Mehrwertsteuer ab 1. Jänner von 18 auf 20 Prozent erhöht wird. Die lange Reformverweigerung lässt diese Schritte nun umso wuchtiger erscheinen. Aber die wirtschaftliche Situation zwingt dazu. Zwar ist die ölpreis- und sanktionsbedingte Rezession von 2015 und 2016 inzwischen überwunden. Und auch die Inflation ist auf einen historischen Tiefstwert von unter vier Prozent gedrückt worden. Aber das BIP-Wachstum wird heuer auf 1,8 Prozent beschränkt bleiben. Und wenn stimmt, was die Moskauer Higher School of Economics soeben prognostizierte, so wird sie sich nächstes Jahr unter anderem ölpreisbedingt auf 1,3 Prozent abbremsen, ehe sie in den beiden Jahren darauf in die Nähe des heurigen Niveaus zurückkehrt.

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