Die russische Armee habe die Zahl der Panzer an ihren Stellungen entlang der Grenze verdreifacht, sagt der ukrainische Präsident und warnt vor der Gefahr eines "vollständigen Krieges".
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland eine massive Truppenkonzentration an der Grenze vorgeworfen und vor einem drohenden Krieg gewarnt. Die russische Armee habe die Zahl der Panzer an ihren Stellungen entlang der Grenze verdreifacht, sagte Poroschenko am Dienstagabend zu mehreren ukrainischen Fernsehsendern. Er warnte vor der Gefahr eines "vollständigen Krieges".
Die russische Küstenwache hatte am Sonntag zwei Patrouillenboote und einen Schlepper der ukrainischen Marine mit Gewalt gehindert, vom Schwarzen Meer in das Asowsche Meer zu fahren. Die Besatzungen wurden festgenommen und die Schiffe festgehalten. Die russische Justiz geht juristisch gegen die 24 festgenommenen Marinesoldaten vor. Russland begründet das Vorgehen mit Grenzverletzungen. Die Ukraine hatte als Reaktion auf das russische Vorgehen beschlossen, erstmals das Kriegsrecht im Land anzuwenden.
Nato fordert Russland zu Zurückhaltung auf
Die Nato-Staaten haben Russland in dem Konflikt am Dienstag noch einmal offiziell zu Zurückhaltung aufgefordert. "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Russlands Einsatz von militärischer Gewalt gegen ukrainische Schiffe und Marinepersonal", hieß es in einer am Dienstag verabschiedeten Erklärung des Nordatlantikrates. Man rufe Russland auf, die festgehaltenen ukrainischen Seeleute und Schiffe unverzüglich freizugeben.
Zugleich machten die Alliierten indirekt deutlich, dass die Ukraine in dem Konflikt mit Russland nicht auf militärische Unterstützung setzen kann. "Die Nato steht auf der Seite der Ukraine und wird weiter politische und praktische Unterstützung leisten", hieß es. Als Einschränkung wurde dann allerdings der derzeitige Kooperationsrahmen genannt. Dieser sieht keine militärische Unterstützung vor.
Eine ähnliche Erklärung hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bereits am Montag nach einer Sondersitzung der Nato-Ukraine-Kommission abgegeben. In ihr waren auch die Nato-Botschafter gesessen, die am Dienstag am Nordatlantikrat teilnahmen.
Verwirrung um Kriegsrecht
In der Ukraine gibt es unterdessen Verwirrung über den genauen Beginn des erstmals verhängten Kriegszustandes. Der von Poroschenko geführte Nationale Sicherheitsrat erklärte am Dienstag in Kiew, das Kriegsrecht sei bereits am Vortag in Kraft getreten. Am Montag hatte Poroschenko einen ersten Erlass unterzeichnet - ihn allerdings später in Diskussionen mit dem Parlament abgeändert. Die Sondervollmachten für das Militär sind auf 30 Tage begrenzt.
Bei einer Fernsehansprache und in der Parlamentsdebatte am Montagabend nannte der Präsident diesen Mittwoch als Termin für die Einführung des Kriegsrechts. So stimmten auch die Abgeordneten ab. Der Parlamentsvorsitzende Andrej Parubij sagte am Dienstag, das Gesetz könne erst mit der amtlichen Veröffentlichung in Kraft treten. Diese steht noch aus. Unter den Dokumenten fehlen sogar noch die Unterschriften Poroschenkos und Parubijs.
Die Gebietsverwaltung der ostukrainischen Großstadt Charkiw teilte mit, sie setze den Ausnahmezustand bereits um. Der Präsident begründet die Verhängung des Kriegszustandes über Teile der Ukraine damit, dass mögliche russische Angriffe besser abgewehrt werden können. Kritiker halten ihm vor, er wolle seine politische Lage im Wahlkampf vor der Präsidentenwahl im kommenden März verbessern.
(APA/AFP/dpa)