Wie Wissenschaft der Wirtschaft helfen kann

In Forschung und Wissenschaft zu investieren ist ein Muss, will ein Standort Zukunft haben. Aber wie kann die Wirtschaft davon ganz unmittelbar profitieren? „Mit Technopolen“, lautet Niederösterreichs Antwort. Ein Konzept auf dem Prüfstand.

In den vergangenen Jahren haben sich in Niederösterreich viele Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen etabliert. Manchen von ihnen gelang es auch schon, sich einen Namen zu machen. Allen voran ist das Institute of Technology Austria (IST Austria) ein internationales Aushängeschild, das auf Anregung des Experimentalphysikers Anton Zeilinger entstand. Es widmet sich der Grundlagenforschung und Postgraduate-Ausbildung. Dem ehemaligen Landeshauptmann Erwin Pröll war dieses Projekt ein ganz besonderes Anliegen. „Niederösterreich biete für eine Elite-Universität das perfekte Umfeld“, wurde Pröll nicht müde zu betonen.
Nach langem politischen Hickhack einigte man sich schließlich auf den Standort Gugging. Er hatte nämlich einen Vorteil, den man freilich in Niederösterreich nicht zu laut aussprechen darf: Gugging liegt an der Stadtgrenze von Wien. Das macht das IST für internationale Forscher, aber auch für viele Studierende durchaus attraktiver.
Seit der Eröffnung im Jahr 2009 wächst das Institut kontinuierlich, bis zum Jahr 2026 sollen bis zu 90 Forschungsgruppen vor Ort sein.

Ambitionierte Pläne

Doch nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Wirtschaft soll, so der ausgeklügelte Plan, von den hohen Investitionen profitieren. Deshalb entschloss sich das Land 2004 zu einem sogenannten Technopolprogramm, das von der Europäischen Union kofinanziert wird.
Was ein Technopol überhaupt ist? Forschungsinstitute, Ausbildungseinrichtungen und Unternehmen sollten sich an einem Platz zusammenfinden und eine Einheit bilden mit dem doch sehr ambitionierten Ziel, Niederösterreich als innovativen Hightech-Standort in Europa auszubauen und dadurch die regionale Wertschöpfungskette zu stärken.
Mittlerweile gibt es vier dieser Konglomerate, in denen interdisziplinär zusammengearbeitet wird. Jedes hat einen anderen Schwerpunkt: Tulln ist ein Zentrum für natürliche Ressourcen und biobasierte Technologien. Rund 900 Mitarbeiter sind derzeit im Bereich Forschung und Entwicklung beschäftigt. Krems ist ein Zentrum für Gesundheitstechnologien und verfügt über zwei lokale Standorte: Campus Krems und das Technologie- und Forschungszentrum Krems.
In Wiener Neustadt ist ein Hub für Medizin- und Materialtechnologien entstanden, in dem rund 1550 Menschen Arbeit gefunden haben und 2500 junge Menschen ihren Studien nachgehen. In Wieselburg, dem jüngsten Technopol, stehen Bioenergie, Agrar- Lebensmitteltechnologien im Fokus. Herzstück all Einheiten sind Technologie und Forschungszentren, in die seit 1999 über 120 Millionen Euro investiert wurden. 2019 soll ein weiteres in Seibersdorf eröffnet werden.

Viele Betriebsansiedelungen

Klingt alles wunderbar. Fragt sich nur, ob sich dieses Konzept in der Praxis auch tatsächlich bewehrt hat oder der Erfolg nur in Politikerköpfen gefeiert wird.
Laut einer Studie des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung in Wien tut es das. Von den vier Technopolstandorten und deren Partnerunternehmen geht ein gesamter Bruttowertschöpfungseffekt von 685 Millionen Euro aus, der rund 1,3 Prozent des Bruttoregionalprodukts von Niederösterreich entspricht. In Niederösterreich wird demnach jeder 75. erwirtschaftete Euro von den Technopolen und deren Partner- bzw. Kooperationsunternehmen erwirtschaftet. Jeder 64. Beschäftigte in Niederösterreich ist direkt, indirekt oder induziert auf die Technopole und Kooperationsunternehmen zurückzuführen. In den Bezirken mit Technopolstandort wurde außerdem im Vergleich mit den anderen Bezirken eine überdurchschnittliche Betriebsansiedlungs- und Beschäftigungsdynamik gemessen. So ist die Zahl der aktiven Betriebsstandorte seit 2004 im Bezirk Tulln um fast 50 Prozent gestiegen. In der Zukunft hofft Niederösterreich auf weiteres Wachstum.
Eines bereitet jedoch vielen Kopfzerbrechen. Da das gesamte Technopolprogramm von der EU mitfinanziert wird, hängt viel davon ab, wie die Förderkulisse im neuen Finanzrahmen (2021–2027) aussehen wird. Das allerdings wird sich erst im nächsten Jahr entscheiden. (red.)

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