Fed-Chef Powells "ausbalanzierte Gratwanderung" beflügelt die Börsen

Jerome Powell: Wir wissen, dass sich die Dinge oft anders entwickeln
Jerome Powell: Wir wissen, dass sich die Dinge oft anders entwickelnREUTERS
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Schwindende Sorgen vor einer zu straffen US-Geldpolitik und Hoffnungen auf eine Lösung im Handelsstreit zwischen den USA und China sorgen für frischen Schwung an den Börsen.

US-Notenbankchef Jerome Powell hat Sorgen gedämpft, dem Aufschwung drohe durch eine zu straffe Geldpolitik das Aus. Die Politik der stufenweisen Zinserhöhungen sei so angelegt, dass Gefahren ausbalanciert würden, sagte er am Mittwoch in New York. Dies sei aber eine Gratwanderung: "Wir wissen, dass sich die Dinge oft anders entwickeln als selbst in den sorgfältigsten Vorhersagen prognostiziert." Die aktuelle Leitzinsspanne von 2,0 bis 2,25 Prozent liege "knapp unter" dem geschätzten neutralen Niveau, mit dem die Wirtschaft weder gefördert noch gebremst werde. Diese Passage wurden von einigen Analysten so gedeutet, dass die Fed bei künftigen Zinserhöhungen den Fuß etwas vom Gas nehmen könnte.

"Powell Äußerungen legen den Schluss nahe, dass möglicherweise nicht mehr so viele Zinserhöhungen kommen werden, wie Investoren angenommen haben", sagte Ökonom Jack Ablin vom Beratungshaus Cresset Wealth Advisors in Chicago. Andere Analysten verweisen zudem darauf, dass der Notenbankchef noch vor anderthalb Monaten die Ansicht vertreten habe, dass die Fed weit vom neutralen Zinsniveau entfernt sei: "Das ist schon eine dramatische Wende", meint Ökonom Walter Todd vom Finanzhaus Greenwood Capital.

Wegen der brummenden Wirtschaft hat die Fed die Zinsen dieses Jahr schon drei Mal angehoben und noch vier weitere Erhöhungen bis Ende 2019 ins Auge gefasst hat. Die nächste könnte bereits im Dezember kommen. Die Anleger an der Wall Street reagierten positiv auf die Äußerungen des Fed-Präsidenten, was an steigenden Kursen abzulesen war. Der Euro legte zum Dollar zu.

Die US-Notenbank sieht sich seit Monaten scharfer Kritik von US-Präsident Donald Trump ausgesetzt, der die Fed für "verrückt" erklärt hat. Er befürchtet, dass der durch seine radikale Steuerreform zusätzlich befeuerte Aufschwung im Zuge der Verteuerung des Geldes abgewürgt wird.

Fed-Vizechef Richard Clarida hatte bereits vor knapp zwei Wochen erklärt, die Fed bewege sich auf einen Zinssatz zu, der die Konjunktur weder hemmt noch fördert. Allerdings sei Vorsicht geboten, wenn die Fed auf die von den Währungshütern als neutral eingeschätzte Zone von 2,5 bis 3,5 Prozent zu steuere. 

Powell beflügelt die Börsen

Schwindende Sorgen vor einer zu straffen US-Geldpolitik und Hoffnungen auf eine Lösung im Handelsstreit zwischen den USA und China haben die Wall Street am Mittwoch beflügelt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Plus von 2,5 Prozent auf 25.366 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 erhöhte sich um 2,3 Prozent auf 2743 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq rückte knapp drei Prozent auf 7291 Stellen vor.

Vor Powells Äußerungen hatte der Dow knapp ein Prozent im Plus gelegen. Dazu hatten Äußerungen eines Wirtschaftsberaters von US-Präsident Donald Trump beigetragen, wonach ein Treffen Trumps mit Chinas Präsident Xi Jinping am Samstag in Buenos Aires als Möglichkeit gesehen werde, im Handelsstreit mit China "das Blatt zu wenden". Berater Larry Kudlow hatte aber hinzugefügt, bislang sei Trump enttäuscht von Chinas Reaktion. An der Börse stand gleichwohl der optimistische Aspekt der Aussage im Fokus.

An den US-Kreditmärkten traten die zehnjährigen Staatsanleihen bei 100-18/32 praktisch auf der Stelle. Sie rentierten mit 3,0608 Prozent. Die 30-jährigen Bonds gaben 16/32 auf 100-17/32 nach und hatten eine Rendite von 3,3476 Prozent.

Powels Aussagen haben auch Anleger in Japan beruhigt und sie zum Einstieg bei Aktien bewogen. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index legte am Donnerstag um 0,8 Prozent auf 22.356 Punkte zu. Der breiter gefasste Topix-Index gewann ebenfalls 0,8 Prozent auf 1666 Punkte.

(Reuters)

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