Am Wochenende wurde Christian Kern offiziell als SPÖ-Obmann verabschiedet. Nun hat er das Geheimnis um seine berufliche Zukunft gelüftet.
Der frühere Bundeskanzler und Ex-SPÖ-Chef Christian Kern steigt in die Blue-Minds-Gruppe seiner Ehefrau Eveline Steinberger-Kern ein, berichtet der "trend". Die Gruppe entwickelt Businessmodelle für die digitale Transformation der Industrie mit Schwerpunkt Energiesysteme und Clean Tech. Kern, seine Frau und Ex-Verbund-Manager Bernhard Raberger halten nun je ein Drittel, so das Magazin.
"Großkonzerne kenne ich", wird Kern zitiert, der vor seinem Wechsel in die Regierung 2016 mehrere Jahre im Vorstand des zu 51 Prozent der Republik gehörenden Verbund-Stromkonzerns saß und später zum Chef des staatlichen Bahnkonzerns ÖBB avancierte: "Nun will ich was Eigenes machen." Kern wird dem Bericht zufolge Chairman der Blue-Minds-Beteiligung FSIGHT in Tel Aviv, die eine auf Blockchain basierende Technologie zur Stromvermarktung entwickelt hat. Das Produkt sei "sehr weit", jetzt gehe man ins internationale Marketing. "Ich werde den größeren Teil meiner Zeit in Israel verbringen."
Zehn Jahre als Politiker hat Christian Kern für sich vorgesehen. Das sagte er bei seinem Einzug ins Bundeskanzleramt im Mai 2016 – und er wiederholte es bis zuletzt. Wie es aussieht werden es deutlich weniger. Nach dem Rückzug von der SPÖ-Spitze wollte er zuerst als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl für die SPÖ kandidieren. Diese Pläne dürfte er jedoch verworfen haben. Am Wahlabend im Oktober 2017 war von ihm noch zu hören: "Ich will Verantwortung übernehmen." Nachdem die SPÖ den ersten Platz räumen musste, stellt sich aber Frage, wie genau diese aussehen soll. Die Presse Seine ersten offiziellen Schritte am heimischen Polit-Parkett tat Kern im Mai 2016, als er Werner Faymann nicht nur als SPÖ-Bundesparteichef, sondern auch als Bundeskanzler beerbte. Zuvor hatte er sich als Manager bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) einen Namen gemacht, insbesondere, als er während der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 die Beförderung Tausender organisierte – und scharfe Kritik an der Bundesregierung geübt hatte. So sagte er damals u.a. in einem "Presse"-Interview: "Wenn die Hilfsorganisationen ähnlich agiert hätten wie manche Behörden, dann hätten wir weit größere Probleme gehabt." APA/ROLAND SCHLAGER Als Kern letztlich zusagte, die SPÖ zu führen, galt er so manchem Genossen als eine Art Heilsbringer – und das, obwohl er für Positionen eintritt, für die sein Vorgänger wohl mit Rücktrittsaufforderungen überhäuft worden wäre. Stichwort: Studienplatzbeschränkungen oder Arbeitszeitflexibilisierung. Auch, dass er rasch nach seinem Amtsantritt einem Treffen sowie einer öffentlichen Diskussion mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zusagte, gehörte bis dahin nicht unbedingt zum Kanon der österreichischen Sozialdemokratie. GEORG HOCHMUTH / APA / picturede Zur anfänglichen positiven Stimmung beigetragen hat sicherlich auch das Talent zur Inszenierung des gebürtigen Wieners. So mag sein Ausflug als „Pizzaboy“ im Schnitzelland Österreich manchen ein wenig aufgesetzt gewirkt haben, funktioniert hat die Aktion aber, wie sich an den Zugriffszahlen zum Begleitvideo leicht ablesen lässt. Die Parteilinke erfreute er wiederum mit einer Rede bei der Regenbogen-Parade. APA/HANS PUNZ Sein "Plan A", der inhaltlich einige rote Zöpfe abschneidet, war so gut getimet (und medienwirksam in der Messehalle Wels vorgestellt), dass Kern der ÖVP in der Folge sogar eine Reform des Regierungsabkommens abtrotzen konnte, freilich mit auffällig vielen tendenziell schwarzen Inhalten. APA/BARBARA GINDL Im Verlauf des Sommers 2017 wurde der Plan zum offiziellen 209-seitigen Wahlkampfprogramm der SPÖ aufgewertet. Einige Eckpunkte: Für Unternehmen sollen die Lohnnebenkosten um 500 Euro sinken, Löhne bis 1500 Euro sollen steuerfrei sein, Kürzungen der Pensionen soll es nicht geben, dafür verschärfte Steuerregeln für Konzerne, ebenso eingeführt werden soll eine Erbschaftssteuer ab einer Million Euro. Dazu gab es einen provokanten Slogan (am entsprechenden Plakat illustriert mit Kern in Uncle-Sam-Manier): "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht." APA/HANS KLAUS TECHT Eher ungeschickt agierte Kern dagegen am internationalen Parkett. Zuerst befeuerte er den parteieigenen Widerstand gegen das Handelsabkommen Ceta sogar mit einer Art Urabstimmung, ließ eine Blockade auf EU-Ebene dann aber doch flott sein. Eigenwillig war auch Kerns Blockade der Aufnahme jugendlicher Flüchtlinge, die er europäischen Vorgaben geschuldet ebenfalls rasch aufgeben musste. APA/ROLAND SCHLAGER Generell gilt Kern als pragmatisch, aber auch als jemand, der gerne die Kontrolle behält. Zugestanden wird ihm von Weggefährten außerdem, dass er zuhören könne. Der gebürtige Simmeringer, der eher so spricht, als wäre er auf Schloss Schönbrunn groß geworden, könne sich auf Gesprächspartner gut einstellen und sei ein versierte Netzwerker, heißt es. Er selbst beschreibt sich als Optimisten, wie zuletzt im Ö3-Sommergespräch: "Ich neige dazu, negative Emotionen nicht vor mir herzutragen, sondern Leute zu motivieren." Und: "Ich bin jemand, der mit seinem Schicksal im Reinen ist." (Bild: Kern mit Ehefrau Eveline Steinberger-Kern am Villacher Kirchtag) APA/GERT EGGENBERGER Aufgewachsen ist Kern in den 1960er-Jahren in einem eher unpolitischen Haushalt als Sohn einer Sekretärin und eines Elektroinstallateurs im Arbeiterbezirk Wien-Simmering, wie der Fußballfan auch in einem eigens produzierten Wahlkampf-Video verriet. "Es gab viel Liebe und wenig Geld", schilderte er darin - private Fotos inklusive. Kern wurde jung Vater und zog seinen ersten Sohn einige Jahr alleine auf. Mittlerweile ist er Vater dreier Söhne und einer Tochter. APA/SPÖ Bald fand Kern, der einst Schulsprecher an jenem Gymnasium war, das auch Viktor Klima und Thomas Klestil besucht hatten, dann über den VSStÖ zur SPÖ. Dort wurde der studierte Kommunikationswissenschafter und Absolvent eines postgradualen Lehrgangs im Schweizer St. Gallen Büroleiter und Pressereferent für den damaligen Beamten-Staatssekretär und späteren Klubobmann Peter Kostelka. APA/HERBERT NEUBAUER Pressesprecher sollte aber nicht Kerns Lebensaufgabe werden. Er wechselte in den Verbund als nach Eigendefinition "siebenter Zwerg von links", turnte sich aber von Funktion über Funktion bis hinauf in den Vorstand. Von dort weg engagierte ihn die damalige Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) als ÖBB-Sanierer. Dass er den Job erledigte, dankte ihm seine Mentorin jedoch eher weniger. Die enge Vertraute von Ex-Kanzler Faymann befand 2014 in einem Interview, dass Kern wohl ein "nicht so guter Politiker" wäre. APA/ROLAND SCHLAGER Privat ist Kern in zweiter Ehe mit der früheren Verbund-Kollegin Eveline Steinberger verheiratet. Er geht zur Jagd, ist begeisterter Läufer, Tennisspieler sowie Mountain-Biker - und bespielt nebenher auch die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Instagram. Seine fußballerische Leidenschaft ist die Wiener Austria, in deren Kuratorium er auch sitzt – wie auch (FSG-und Austria-Chef) Wolfgang Katzian, (Wiens Ex-Bürgermeister) Michael Häupl und (Pensionisten-Chef) Karl Blecha. APA/HANS KLAUS TECHT Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft fand Kern nicht richtig in seine Oppositionsrolle und geriet auch in einen Richtungsstreit mit dem künftigen burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Außer dem 12-Stunden-Tag war es der SPÖ kaum gelungen Themen zu setzen - in diesem Fall ebenso vergebens. Nach einem Jahr in der Opposition regelte Kern nun also seine Nachfolge an der Parteispitze und scheidet ganz aus der SPÖ aus. APA/ROBERT JAEGER Zur Person: Christian Kern, geboren am 4. Jänner 1966 in Wien. Vier Kinder aus zwei Ehen. Studierter Kommunikationswissenschaftler. Ab 1991 Assistent des damaligen Staatssekretärs Kostelka, ab 1994 dessen Büroleiter als Klubobmann. 1997 Wechsel in den Verbund, ab 2007 dort Vorstandsmitglied. Ab Juni 2010 Chef der ÖBB sowie ab 2014 Vorsitzender der Gemeinschaft europäischer Bahnen. Seit 17. Mai 2016 Bundeskanzler, seit 25. Juni 2016 SPÖ-Vorsitzender. Seit Herbst 2017 als Oppositionsführer im österreichischen Parlament. APA/EXPA/SEBASTIAN PUCHER Christian Kern: Der Ex-''Slim-Fit-Kanzler'' hängt die Politik an den Nagel FSIGHT hat laut eigener Homepage auch einen Standort in Wien-Neubau in der Siebensterngasse. Raberger arbeitet schon seit mehreren Jahren in der Blue-Minds-Gruppe - beim Verbund war er sieben Jahre im Vorstand der damaligen türkischen Beteiligung Enerjisa tätig gewesen, die der Stromkonzern später im Zuge eines Asset-Swaps an die deutsche E.ON verkaufte.
Blue Minds, von Steinberger-Kern gegründet, investierte bis dato 25 Mio. Euro in Start-ups und richtet den Fokus auch auf Deutschland, Frankreich, die Türkei und China, heißt es im Magazinbericht. Neben Investments in Tech-Firmen nennt Kern Services für die Auslagerung von Innovationsprozessen durch Konzerne als zweites Standbein. Dritte Säule würden Beteiligungen an klassischen Stromerzeugern sein. So könnte Blue Minds an Kraftwerksprivatisierungen in Israel und der Türkei teilnehmen, heißt es.
"Politikberatung im klassischen Sinn" werde er "keine machen", versichert der Ex-Kanzler laut "trend".
Nach eineinhalb Jahren als Vizekanzler und 14 Jahren als FPÖ-Chef ist die politische Karriere von Heinz-Christian Strache beendet: Er erklärte am 18. Mai 2019 seinen Rücktritt. Der Grund: ein Video, aufgenommen in Sommer 2017. Darin sieht man, wie Strache einer vermeintlichen Investorin aus Russland offenbar öffentliche Aufträge für Wahlkampfspenden in Aussicht stellt. Ein Überblick über eine Reihe von (teils überraschenden) Polit-Rücktritten seit 2017. REUTERS Am selben Tag wie Strache, legte auch der bisherige geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus seine politischen Ämter infolge der Video-Affäre nieder. "Hiermit gebe ich bekannt, dass ich meine Funktion als geschäftsführender Klubobmann sowie mein Nationalratsmandat zurücklegen werde. Ebenso trete ich hiermit von sämtlichen Funktionen in der Freiheitlichen Partei Österreichs zurück", sagte Gudenus. Er wolle sein "tiefstes Bedauern über die zwei Jahre zurückliegenden Vorkommnisse zum Ausdruck bringen." APA/HANS PUNZ SPÖ-Chef Christian Kern übernahm das Amt des Bundeskanzlers von Werner Faymann im Mai 2016, nach der Nationalratswahl 2017 musste er sich davon verabschieden und übte sich seither als Vorsitzender der größten Oppositionspartei. Im Oktober 2018 zog er dann gänzlich den Hut - und trat als SPÖ-Obmann ab. APA/BARBARA GINDL Hans Niessl ist zwar noch Landeshauptmann des Burgenlandes, wird diese Funktion aber am 28. Februar übergeben. Das verkündete Niessl am 8. September am Landesparteitag der SPÖ Burgenland in Oberwart. Der Partei will der scheidende Landesparteivorsitzende - Hans Peter Doskozil hat am selben Tag schon die Führung übernommen - treu bleiben. "Ich werde auch in Zukunft einer von euch bleiben." APA/ROBERT JAEGER Wiens langjähriger Bürgermeister Michael Häupl (Rechts im Bild) hat sein Amt am 24. Mai an seinen Nachfolger Michael Ludwig übergeben. Schon im Jänner hatte er Ludwig die Geschäfte der Wiener SPÖ überlassen. Auch der folgende Umbau der Stadtregierung hatte einige Rücktritte bzw. Rückzüge aus der Politik zur Folge. APA/GEORG HOCHMUTH Neos-Gründer und Parteichef Matthias Strolz kündigte Anfang Mai 2018 seinen Rücktritt an. Der 44-Jährige führte die Pinken erfolgreich durch zwei Nationalratswahlen. Nun machte er seine Vereinbarung wahr, dass er nicht für eine dritte Spitzenkandidatur zur Verfügung stehen wird. Im Sommer übergab er die Parteispitze an die bisherige Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Clemens Fabry Im Februar 2018 zog die FPÖ die Konsequenzen aus dem Skandal rund um das einschlägige Liederbuch der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt": Udo Landbauer, der blaue Niederösterreich-Spitzenkandidat und eine zentrale Figur in der Causa NS-Liederbuch, legte alle politischen Funktionen zurück. Seine Mitgliedschaft in der FPÖ stellte der 31-Jährige ruhend. Er wolle mit dem Rückzug aus der Politik "vor allem meine Familie aus der Schusslinie" nehmen. Ende August ist Landbauer aber bereits in die Politik zurückgekehrt, nachdem die juristische Aufarbeitung der Liederbuchaffäre abgeschlossen war APA/ROBERT JAEGER Peter Pilz ging mit seiner neu gegründeten Liste zwar erfolgreich aus den Nationalratswahlen im Oktober 2017. Der Sprung ins Parlament gelang auf Anhieb - dem Listengründer selbst aber nicht: "Die strengen Maßstäbe, die ich immer angelegt habe, gelten auch für mich," sagte der Neo-Parteichef und einstige Langzeitgrüne und verkündete, nach dem Vorwurf der sexuellen Belästigung nach 31 Jahren als Abgeordneter zurückzutreten. Doch bald sah es Pilz nicht mehr so eng, im Juni wurde er - nach wochenlangen internen Konflikten in seiner Liste - wieder Abgeordneter zum Nationalrat. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Für die Grünen zog die Wahlschlappe einen Doppelrücktritt nach sich: Nachdem die Partei nach 31 Jahren den Einzug in das Hohe Haus verpasst hatte, verabschiedete sich auch die eigens für den Urnengang etablierte "Doppelspitze": Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe erklärten mit Tränen in den Augen ihren Rücktritt. Sie hätte gerne im Nationalrat als Klubobfrau oder in einer Regierung gewirkt, aber "all das ist jetzt nicht möglich", sagte Spitzenkandidatin Lunacek. Sie stehe zu ihrem Wort und werde nicht ins EU-Parlament zurückkehren. Felipe betonte, wenn sie den Grünen etwas Gutes tun wolle, müsse sie sich auf die Tiroler Landtagswahl konzentrieren. Das Amt der Bundesparteisprecherin schob sie an Werner Kogler weiter. Es war einer der Höhepunkte des verpatzten Nationalratswahlkampfes: Am 30. September 2017 verkündete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler angesichts der Dirty Campaigning-Aktivitäten von Ex-Parteiberater Tal Silberstein seinen Rücktritt. "Für mich ist wichtig, dass ich nicht an einem Sessel klebe", begründete Niedermühlbichler seine Entscheidung. Zugleich betonte er, nichts von den falschen Facebook-Gruppen gewusst zu haben, doch sei einer seiner Mitarbeiter involviert gewesen und dafür übernehme er die Verantwortung. Im Juli 2017 setzte es einen nicht-rechtskräftigen Schuldspruch gegen den Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) - und eine Ankündigung. Er werde im September zurücktreten, betonte er wenige Stunden nach der Urteilsverkündung (drei Jahre Haft, eines davon unbedingt, wegen Beihilfe zur Untreue). Schaden wird vorgeworfen, 2007 im Zuge einer Absprache sechs negativ bewertete Zinstauschgeschäfte der Stadt ohne Gegenleistung an das Land übertragen haben. Die Richterin ging im Prozess von einem Schaden von mindesten drei Millionen Euro aus. (c) APA/NEUMAYR (NEUMAYR) Am 18. Mai 2017 gab es den ersten Abschied der Grünen im vergangenen Jahr: Eva Glawischnig erklärte unter Tränen, alle ihre politischen Funktionen bei den Grünen zurückzulegen. Es sei eine "zutiefst persönliche Entscheidung" aus gesundheitlichen Gründen. Im März 2018 gibt sie einen spektakulären Jobwechsel bekannt. Glawischnig arbeitet ab sofort bei Europas größtem Glücksspielkonzern - der österreichischen Novomatic. Dort wird sie die Stabstelle für Nachhaltigkeitsmanagement und verantwortungsvolles Spiel führen. Kurz davor ein politischer Paukenschlag in der ÖVP: Am Vormittag besuchte ÖVP-Obmann, Vizekanzler, Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner noch die Giraffen im Schönbrunner Tierpark, für Mittag kündigte er dann kurzfristig eine "persönliche Erklärung" an. Seine Botschaft: "Ich finde, es ist genug." Seine Motive für den Rücktritt legte er relativ offen dar. Da waren die "Inszenierungen auf der einen Seite", also Christian Kern, und die "Provokationen" auf der anderen, also Innenminister Wolfgang Sobotka. In einer solchen Atmosphäre, so erzählt es Mitterlehners Umfeld, sei eine sinnvolle Regierungsarbeit nicht mehr möglich gewesen. Auf dieser Basis hatte der Vizekanzler dann auch keine Lust mehr, die Übergangslösung für Sebastian Kurz zu spielen. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Neuer Monat, neuer Abgang: Der steirische Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) trat im April zurück. Grund dafür war tagelange, harsche Kritik - Buchmann war sein Doktortitel wegen Plagiats aberkannt worden. "Ich musste in den letzten Tagen zur Kenntnis nehmen, dass ein Fehler vor 17 Jahren schwerer wiegt als Leistungen in der Gegenwart und Ideen für die Zukunft", kommentierte Buchmann seinen Abgang. Im März vollzog Kärntens Altlandeshauptmann Gerhard Dörfler als FPÖ-Bundesrat seinen Abtritt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklage gegen Dörfler im Prozess um die BZÖ-Wahlbroschüre ausgeweitet, nun sollen sämtliche Straßenbauvergaben seiner gesamten Amtsperiode von 2001 bis 2013 geprüft werden. Der Vorwurf: Untreue und Amtsmissbrauch. Dörfler betonte jedoch, es handele sich bei dem Schritt keinesfalls um ein Schuldeingeständnis: "Ich brauche meine ganze Energie, um diese ungeheuerlichen und haarsträubenden Vorwürfe zu entkräften." (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER) Im Februar verlor ein Bundesland seinen langjährigen obersten Chef: Josef Pühringer (ÖVP) sagte den Oberösterreichern politisch Adieu und übergab an seinen "Kronprinzen" Thomas Stelzer. Vorgelegt hat Pühringer seinem Nachfolger 20 Jahre, in denen er die unangefochtene Nummer eins im Land war. Dieser Platz geriet erstmals mit der Wahlniederlage 2015, als die Schwarzen unter die 40-Prozent-Marke rutschten, ins Wanken. Dem Chef sprang letztlich über seinen Schatten - mit der FPÖ galt es zu regieren. "Persönliche Befindlichkeiten sind jetzt fehl am Platz", meinte der Architekt der einst ersten schwarz-grünen Landesregierung in Österreich beinahe resignativ. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Schon im Jänner hatte er seinen Rückzug gegenüber der "Presse" angekündigt, beim Parteitag der niederösterreichischen Volkspartei im März geschah es dann. Fast 25 Jahre lang war Erwin Pröll als Landeshauptmann an der Spitze des größten Bundeslandes Österreichs gestanden, doch, so sagte Pröll: "Man muss wissen, wann es Zeit ist." Als "Landesfürst" war zuvor auch in der Bundes-ÖVP zumeist sein Wille geschehen, wie etwa 2016, als ihm wochenlang Rosen gestreut wurden, er dann aber doch nicht als schwarzer Bundespräsidentschaftskandidat kandidierte. Kurz vor seinem Abgang schaffte er es hingegen ungewollt in die Schlagzeilen: Seine "Erwin Pröll Privatstiftung" geriet in die Kritik. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Tag 13 des Jahres 2017 brachte den ersten Rücktritt: Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) gab ihren Abschied aus der Politik bekannt - und ihren Wechsel in die Führungsebene der Siemens Healthcare GmbH in Deutschland. "Dass ich sage, ich möchte keinen Tag missen, wäre ein bisschen geschwindelt. Aber im Grunde war es schon so, dass ich in 99 von 100 Tagen gern in der Früh ins Rathaus gekommen bin", beteuerte Wehsely. Sie war zuvor sowohl seitens Opposition unter Dauerbeschuss genommen, als auch im SPÖ-internen Flügelkampf von eigenen Genossen hart kritisiert worden. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER) Von Strache über Gudenus bis Kern: Die Polit-Rücktritte seit 2017 Die Jobsuche kann schwer sein – auch oder sogar gerade für Ex-Minister. Es sei denn, der einstige Arbeitgeber nimmt einen zurück oder man macht sich selbstständig. Ersteres ist dem früheren Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gerade passiert. Er dockt wieder bei der früheren Metallergewerkschaft an. Von Julia Neuhauser und Thomas Prior (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Auf die Selbstständigkeit setzt offenbar Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Ihm wurde zuletzt die Gründung einer Firma mit dem Namen "Finanzminister Mag. Dr. Johann Georg Schelling Unternehmensberatung" nachgesagt. So stimmt das zwar nicht. Seinen alten Gewerbeschein als Unternehmensberater hat der vielfache Millionär aber tatsächlich wieder aufleben lassen, wie er selbst sagte. Und was wurde eigentlich aus den anderen Mitgliedern des Kabinetts Christian Kern? (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER) Den wohl umstrittensten Jobwechsel hat Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in der Vorwoche vollzogen. Damit ist nicht seine Professur an der Wirtschaftsuni, sondern sein Richterposten am Verfassungsgerichtshof, den er der ÖVP verdankt, gemeint. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Politisch versorgt könnte auch Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) werden. Er wird als ein möglicher Nachfolger von Nationalbankpräsident Claus Raidl, der bis August im Amt ist, gehandelt. Vorerst wird er aber für die oberösterreichische Kleinwasserkraft-Technologiefirma Global Hydro tätig. Kommende Woche soll er in den Gesellschafterbeirat des Mühlviertler Unternehmens einziehen. Außerdem hält Mitterlehner Vorträge, berät Unternehmen und lobbyiert, wie er selbst sagte, im besten Sinne des Wortes. Im Herbst hat er dazu mit der „Mitterlehner Projektentwicklung und Strategieberatung GmbH“ eine eigene Firma gegründet. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Ebenso noch heuer wird Ex-Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitung der Wirtschaftskammer von Christoph Leitl übernehmen. Als Präsident des Wirtschaftsbundes hat er ihn bereits abgelöst. (c) imago/Manfred Siebinger (Manfred Siebinger) Sophie Karmasin (ÖVP) hat bei ihrem Abschied als Familienministerin angekündigt, wieder ihren Beruf als Meinungsforscherin aufzunehmen. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Ex-Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) saß bis Ende Jänner im Nationalrat. Dann legte er sein Mandat zurück und wechselte zu seinem früheren Arbeitgeber ins Generalsekretariat des Rates der EU. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Ganz anders sieht die Situation bei der einstigen roten Regierungsmannschaft aus. Hier haben fast alle die Regierungsbank gegen Abgeordnetensessel getauscht. Ex-Kanzler Christian Kern bemüht sich, in die Rolle des Oppositionspolitikers zu finden. Immer wieder wird ihm ein Wechseln in die Privatwirtschaft nachgesagt. „Sie werden länger mit mir vorliebnehmen müssen“, stellte er das in der „Presse am Sonntag“ in Abrede. Als Parteivorsitzender will er die SPÖ in die nächste Nationalratswahl führen. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Hinter und neben ihm, auf den Abgeordnetenbänken, haben etliche Ex-SPÖ-Minister Platz genommen: Thomas Drozda (Kunst und Kultur), ... (c) Die Presse (Clemens Fabry) ... Jörg Leichtfried (SPÖ, Verkehr), ... (c) Die Presse (Clemens Fabry) ... Sonja Hammerschmid (SPÖ, Bildung) ... (c) Die Presse (Clemens Fabry) ... und die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin im Kanzleramt Muna Duzdar etwa. Letztere will in ihren Anwaltsjob zurückkehren. Auch Alois Stöger sitzt übrigens im Nationalrat – ein Gewerkschaftsjob und ein SPÖ-Mandat haben sich noch nie widersprochen. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Ob auch alle die gesamte Legislaturperiode im Parlament bleiben, wird sich weisen. Bei Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner, die ebenso im Parlament sitzt, wollen die Wechselgerüchte nicht verstummen. Sie gilt als mögliche Kandidatin für das Gesundheitsressort in der Wiener Stadtregierung unter Bürgermeister Michael Ludwig. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Andere haben sich bereits aus der Bundespolitik verabschiedet. Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ist heute Finanzlandesrat im Burgenland und Kronprinz von Hans Niessl. Im Herbst übernimmt er die Landes-SPÖ. Landeshauptmann wird er spätestens im Frühjahr 2019. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Was wurde eigentlich aus Kerns Ministern? (APA/Red)
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