Mark Knopfler: Das neunte Album ist das bisher beste

(c) Yann Orhan
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Mark Knopflers neues Soloalbum „Down the Road Wherever" überrascht mit abwechslungsreichen Melodien und jazzigen Bläsern.

Es gehört zu den Parodoxien der Musikbranche, dass Illiterate und Maulfaule nicht selten die interessanteste Musik machen. Und dann gibt es die Belesenen mit den guten Manieren wie Mark Knopfler, die mit langweiligem Liedgut quälen. Als Knopfler (bitte nie das K aussprechen!) 1978 mit seiner Band Dire Straits die Szene betrat, punktete er vor allem mit entspanntem Gitarrenspiel, sein Gesang war damals schon ziemlich schläfrig. Das kann man als Markenzeichen gelten lassen. Dass aber das Gros der Lieder, die er in seiner Solokarriere (ab 1983) komponierte, in ihrem musikalischen Aroma so ausrechenbar waren wie der Geschmack von Fish ’n’ Chips beim lokalen Chipper, war dann doch etwas zu viel.

Nun muss etwas Mysteriöses im ruhigen Leben Knopflers passiert sein. Sein neuntes Soloalbum „Down the Road Wherever" überrascht mit abwechslungsreichen Melodien und jazzigen Bläsern. Gewiss, schon im Jahr 2000 auf „Sailing to Philadelphia" nahm Knopfler neue musikalische Routen. Doch diesmal tat er es noch viel gründlicher, und er schaffte den Schritt von gediegenem Handwerk zu echter Tonkunst. Der Titel ­leitet sich von einer Zeile des Songs „One Song at a Time" ab. Darin skizziert Knopfler das Leben des gern als ­„Country-Gentleman" titulierten, 2001 verstorbenen Sängers und ­Gitarristen Chet Atkins, mit dem er auch gearbeitet hat. Lied für Lied habe er sich aus der Armut herausgespielt, sagte ihm Atkins damals: Knopfler hat diese Zeile nie mehr aus dem Kopf gebracht.

Gutes Team. Fürs schöne Klangbild sorgte auch der Koproduzent, der ehemalige Dire-Straits-Keyboarder Guy Fletcher. Auch bei den Sängerinnen wurde nicht gespart, darunter sind etwa Edel-Rockabilly-Braut Imelda May und Katie Kissoon, die in den Achtzigerjahren etliche Van-Morrison-Alben aufgewertet hat. Mit „Good on You Son" glückte sogar so etwas wie eine Up-tempo-Nummer. Mit glühendem Saxofonsolo von Nigel Hitchcock und treibenden Beats ist es eines der Highlights.

Auch das nach Stax-Soul klingende „Nobody Does That" macht gehörig Tempo. Doch besonders schön wird es, wenn sich Knopfler zurücklehnt und sozialromantisch wird wie in der Ballade „Nobody’s Child", die wie eine Charles-Dickens-Erzählung beginnt: „The ragged kid nobody wanted, left alone to ramble wild." Himmlische Backgroundstimmen konterkarieren Knopflers hier erstaunlich bitter klingende Stimme. Die Gitarre wimmert, schwerer Regen fällt vom Himmel. Eine großartige Herbstplatte.

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