Was verraten Wrangler-Hosen über ihren Träger - und welche politische Einstellungen haben "Vogue"-Leser? Daten, die sich Cambridge Analytica nicht immer auf saubere Weise beschafft hat. Whistleblower Christopher Wylie kämpft darum, dass dieser Skandal nicht unter den Teppich gekehrt wird.
Christopher Wylie ist eine Schlüsselfigur in der Cambridge-Analytica-Causa. Ohne ihn wäre nie aufgedeckt worden, wie Cambridge Analytica arbeitet und welche Rolle Facebook dabei spielte. In den letzten Wochen hatte Wylie viele Termine. Immer mit einem Ziel: Kein Gras über den Datenmissbrauchsskandal rund um Cambridge Analytica und Facebook wachsen zu lassen. Und dabei findet er vernichtende Worte, vor allem in Bezug auf Mark Zuckerberg. In einem Vortrag erklärte der Whistleblower erstmals genauer, wie die gesammelten Daten zum Wähler-Profiling eingesetzt wurden.
In Oxfordshire in England erklärte Wylie, dass zum Beispiel Kunden der Modemarke "Ambercrombie & Fitch" als weniger vorsichtig und politisch eher links einzuschätzen sind. Hingegen jene Menschen, die bei Wrangler einkaufen, eher konservativ seien und "Ordentlichkeit" schätzten. Ein anderer Datensatz zeigte, dass "Vogue"-Leser und Kunden von Macy's politisch links einzuschätzen seien und zu Extrovertiertheit neigten. All diese Daten halfen Cambridge Analytica bei der gezielten Wahlwerbung und dem sogenannten Micro-Targeting.
"Eines der Dinge, die Cambridge Analytica schnell verstand, als sie die Daten von Facebook bekam, war, dass Fashion-Marken sehr hilfreich sind, wenn es darum geht, einzuschätzen, wie Menschen denken und fühlen", erklärte er bei der "Business of Fashion"-Konferenz.
Wylie will, dass der Fall nicht aus den Köpfen der Menschen verschwindet. Die Causa sei längst nicht aufgearbeitet, erklärt er unlängst gegenüber "Netzpolitik.org". Vor allem Facebook steht bei ihm nicht hoch im Kurs. Trotz anhaltender öffentlicher Empörung sei Facebook nicht bereit, tatsächlich die missbräuchliche Verwendung der Daten aufzuklären.
"Sie attackieren, attackieren, attackieren"
"Facebook und Mark Zuckerberg haben fortlaufend die Zusammenarbeit verweigert, nicht nur mit der britischen Untersuchung, sondern auch mit Untersuchungen in sieben anderen nationalen Parlamenten. Und es ist diese andauernde Verweigerung, Fragen zu beantworten oder Beweismittel auszuhändigen, die Damian Collins und seinen Ausschuss dazu gedrängt haben, die Beweismittel unter Haftandrohungen mit Zwang zu bekommen", erklärt Wylie in Hinblick darauf, dass das britische Parlament geheime Dokumente des Konzerns aus einem Gerichtsprozess in Kalifornien beschlagnahmen ließ. Damit soll unter anderem auch geklärt werden, wie lange Facebook tatsächlich von der missbräuchlichen Verwendung der Nutzerdaten wusste.
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"Sie attackieren, attackieren, attackieren, statt das Problem zu lösen", sagt er im Interview weiter. Er ist sich sicher, dass nicht nur der US-Wahlkampf maßgeblich beeinflusst wurde - und dass trotz Dementi von Cambridge Analytica auch die Brexit-Kampagne bewusst gesteuert worden sei. "40 Prozent ihrer Kampagnenausgaben (von "Vote Leave", Anm. d. Red.) gingen an Cambridge Analytica, die damit erwiesenermaßen Wahlgesetze und Datenschutzgesetze verletzt haben. […] Das sind keine Vorwürfe, das sind Fakten. Und doch sitzen wir noch hier in diesem ganzen Brexit-Chaos", meint Wylie dazu.
Auf einem Kongress in Brüssel findet der Whistleblower noch klarere Worte für das Vorgehen von Cambridge Analytica. Der Fall zeige für ihn ganz klar, dass Information in eine Massenvernichtungswaffe verwandelt werden kann. "Und jetzt haben wir Brexit und Donald Trump."