Die Nordmanntanne als Testobjekt

Bei der Produktion von Christbäumen werden herkömmlicherweise Biozide gegen Schädlinge und Beikräuter eingesetzt.
Bei der Produktion von Christbäumen werden herkömmlicherweise Biozide gegen Schädlinge und Beikräuter eingesetzt.(c) Clemens Fabry
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Sondern Christbäume Spuren der vorangegangenen Biozidbehandlung ab? Die Holzforschung Austria untersuchte das – und spricht von einer Unbedenklichkeit.

Das Testlabor ist einmal ein Büroraum, dann eine Prüfkammer. Wichtig sind alltägliche Umweltbedingungen, in die der Christbaum – das Testobjekt – gestellt wird. „Das sind sieben bis acht Jahre alte Bäume, 1,5 bis maximal zwei Meter hoch, sie wiegen etwa acht Kilogramm“, sagt Christina Fürhapper. Die Chemikerin von der Holzforschung Austria hat die Weihnachtsbäume nach frei werdenden Bioziden untersucht – also ob es für Menschen, die sich mit den Bäumen in einem geschlossenen Raum befinden, durch freigesetzte Chemikalien Beeinträchtigungen gibt.

Rund 2,78 Mio. Christbäume werden pro Jahr in Österreich aufgestellt, davon kommen 90 Prozent aus heimischer Produktion. Durchgesetzt hat sich mit einem Anteil von 70 Prozent die Nordmanntanne, die über eine dichtere und rund um die Zweige verlaufende Benadelung verfügt und eine längere Haltbarkeit aufweist.

Die heranwachsenden Christbäume werden von den Produzenten ab ihrem vierten Jahr jeweils im Frühjahr mit einer Pestizidkombination behandelt, mit der Schädlinge bekämpft und die Ausbreitung von Beikräutern (Pflanzen in der unmittelbaren Nähe des Stamms, z. B. Moos oder Flechten) verhindert wird. Im Alter von acht bis zehn Jahren werden die Bäume in den Handel gebracht.

Acht Tannen im Prüfraum

Die Holzforschung Austria kannte die bei der Schutzmittelbehandlung eingesetzten Wirkstoffe, die, so Christina Fürhapper, den Kategorien Herbizide (Unkrautbekämpfung), Insektizide (Insektenbekämpfung) und Fungizide (Abtötung von Pilzen) zuzuordnen waren. Acht Nordmanntannen wurden nun einem Test unterzogen. In der ersten Versuchsreihe wurden die Bäume in einer verschlossenen Prüfkammer aufgestellt und bei einem standardisierten Luftwechsel von 0,5 pro Stunde einer Emissionsprüfung unterzogen. „Nach unseren Analysen waren in der Luft keine Wirkstoffe vorhanden“, sagt die Chemikerin.

Dann wurden fünf Tannen zwei Wochen in Büros aufgestellt – und ein „Biobaum“ (ohne vorhergegangene Behandlung) in einem separaten Raum. „Die Bäume wurden geschmückt und die Kerzen einmal angezündet“, so Fürhapper. Dies deswegen, weil durch die Dekoration ein Abrieb entsteht und die brennenden Kerzen eine (minimale) Rußentwicklung hervorrufen. Zuvor waren die Räume staubfreigemacht worden, jetzt aber wurde laufend Staub gesaugt und im Labor analysiert. Fürhapper: „Wir konnten keine Pestizide nachweisen.“ Es gab auch keinen Unterschied zur Biotanne.

In der dritten Versuchsreihe wurde das Ast- und Nadelmaterial hinsichtlich relevanter Wirkstoffe untersucht. Das Herbizid Flumioxazin konnte in Spuren unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze analysiert werden. Das Insektizid Iambda-Cyhalothrin wurde im Ausmaß von 0,03 Milligramm pro Kilogramm festgestellt. Dazu die Chemikerin der Holzforschung: „Im Lebensmittelbereich wie im Tee darf der Wirkstoff bis zu einer Höchstgrenze von 1,0 Milligramm vorhanden sein.“ In der umgebenden Luft stellte man keine Schadstoffe fest.

Keine Aussage über Importe

Fazit: Bei heimischen Christbäumen sind keine Gesundheitsschäden zu befürchten – bei Bäumen aus Osteuropa könne man indes keine Angaben treffen. Die Nordmanntanne beherrscht den ostösterreichischen Christbaummarkt. „In den Alpenregionen werden die Bäume – Fichten und heimische Tannen – direkt aus dem Wald geholt“, sagt Karl Schuster, Geschäftsführer der Arge NÖ Christbaum- und Schmuckreisigproduzenten. Diese Vereinigung hat gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer die schon im Vorjahr durchgeführte Untersuchung der Holzforschung Austria in Auftrag gegeben. Nordmanntannen stammen übrigens aus dem Kaukasusgebiet, die Samen werden von Baumschulen ausgesetzt. Schließlich werden die vier Jahre alten Bäumchen – sie sind dann etwa 40 Zentimeter groß – an die Christbaumproduzenten zur weiteren Aufzucht verkauft.

Karl Schuster stellt klar, dass keine Neonicotinoide, die für das Bienensterben mitverantwortlich gemacht werden, verwendet werden. Sicherlich werde Glyphosat eingesetzt, aber nicht direkt am Baum. „Sonst wäre der ja tot“, erläutert Schuster.

IN ZAHLEN

2,78 Millionen Christbäume werden in Österreich im Jahr aufgestellt. Die Anzahl hat sich in den vergangenen Jahren erhöht, da die Zahl der (allerdings weniger Personen umfassenden) Haushalte gestiegen ist.

70 Prozent der Christbäume sind Nordmanntannen; zehn Prozent aller Weihnachtsbäume werden aus
dem Ausland importiert; etwa ein
halbes Prozent aller Bäume bleiben
am 24. Dezember unverkauft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2018)

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