Werde, die du bist!

„Als hätten die Gänse für das Weihnachtsessen votiert.“ Rachel Cusk.
„Als hätten die Gänse für das Weihnachtsessen votiert.“ Rachel Cusk.Ulf Andersen
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Klug und schön: Mit „Kudos“ findet Rachel Cusks Romantrilogie über eine weibliche Odyssee im 21. Jahrhundert ein fulminantes Ende.

Einen Roman zu bewerten, der das Problem der Wertung, der Auszeichnung in unserer postkonventionellen, ultrakapitalistischen Gesellschaft seziert und zugleich die Unmöglichkeit, nicht zu bewerten, vor Augenführt, ist eine besondere Herausforderung. Vor allem, wenn er sich intellektuell und stilistisch auf einem so hohen Niveau bewegt wie „Kudos“, der dritte Teil von Rachel Cusks Trilogie einer „weiblichen Odyssee im 21. Jahrhundert“ (Cusk), wie die beiden vorangegangenen übersetzt von Eva Bonné.

Wer „Outline“ und „In Transit“ gelesen hat, kennt Cusks Erzählverfahren: Die ohnehin kaum vorhandene Handlung dient lediglich als Vorwand, um Gesprächsanlässe zwischen den Figuren zu schaffen, die fast alle ausschließlich einmalige Auftritte haben und damit nicht tiefer entwickelt werden. Erzählt wird das Geschehen aus Sicht der Ich-Erzählerin Faye, einer geschiedenen und im dritten Teil nun wieder verheirateten Schriftstellerin und Mutter zweier Söhne. Aber die Trilogie ist alles andere als herkömmliche Ich-Prosa: Faye hört fast ausschließlich ihren Gegenübern zu – Fremden, denen sie beruflich begegnet und die bereitwillig ihr Leben vor ihr ausbreiten. Alle drei Romane bestehen daher fast ausschließlich aus direkten und vor allem indirekten Reden. Auch wenn das sehr nach allzu künstlich aufgesetztem, starrem Konzept klingt, so liest sich das Ganze doch nicht wie eine groteske Übertreibung, weil die unauffällige, ja zweckmäßige Prosa die formale Künstlichkeit mit ihrer Nähe zum Alltäglichen, Realen konterkariert.

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