"Gelbwesten"-Protest hinterlässt Bild der Verwüstung in Paris

Feuerwehreinsatz am Rande der Demo in Paris
Feuerwehreinsatz am Rande der Demo in Parisimago/Omid Davarian
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Rund 75.000 Menschen nahmen in ganz Frankreich an den Protesten gegen Spritkosten und Reformpolitik teil. 133 Menschen wurden verletzt, 412 Personen wurden festgenommen.

In der französischen Hauptstadt ist es zu heftigen Krawallen bei Demonstrationen der "Gelbwesten" gekommen. Rund um die Champs-Elysees kam es zu schweren Ausschreitungen, der Triumphbogen wurde mit Graffiti besprüht. In der Gegend rund um den Prachtboulevard lieferten sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei. Ganze Straßenzüge wurden verwüstet. 133 Menschen wurden verletzt, darunter auch 23 Sicherheitskräfte. Außerdem seien 412 Menschen festgenommen worden, von denen sich noch 378 in Polizeigewahrsam befinden, teilte die Polizei am Sonntag mit.

Am Samstagvormittag versuchten Demonstranten immer wieder, Absperrungen zu durchbrechen, die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen sie vor. Später verlagerten sich die Krawalle weiter in die Seitenstraßen. Rund um den berühmten Boulevard wurden Autos und Stadtmöbel in Brand gesetzt.

Es war der dritte landesweite Aktionstag der "Gelbwesten" an einem Samstag in Folge. Nach Angaben des Innenministeriums vom Nachmittag beteiligten sich daran geschätzt 75.000 Menschen.

Eine brennende Barrikade am Samstagnachmittag
Eine brennende Barrikade am SamstagnachmittagAPA/AFP/ALAIN JOCARD

65 Verletzte allein in Paris

Bis Samstagnachmittag gingen nach Behördenangaben rund 75.000 Menschen im ganzen Land auf die Straßen, wie mehrere Medien berichteten. Demnach wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. 65 Menschen wurden allein in Paris verletzt , darunter elf Sicherheitskräfte. In der Hauptstadt waren nach Zahlen vom Mittag etwa 5.500 Demonstranten unterwegs. Damit protestieren im Vergleich zur vergangenen Woche zwar weniger Menschen, allerdings lag die Zahl der Verletzten deutlich höher.

Die "Gelbwesten" gehen aus Protest gegen steigende Spritkosten und die Reformpolitik der Regierung auf die Straße. Der Ärger richtet sich direkt gegen Präsident Emmanuel Macron, dessen Politik sie als abgehoben empfinden.

Die Champs-Elysees waren am Samstag zwar für Fußgänger geöffnet, an den Zugängen zu dem Boulevard wurden aber Identitäts- und Sicherheitskontrollen eingerichtet. So sollte eigentlich eine Eskalation wie in der vergangenen Woche verhindert werden. Auch damals wurden Stadtmöbel in Brand gesetzt, Pflastersteine ausgegraben und viele Geschäfte beschädigt.

Ausschreitungen auf den Champs-Elysees
Ausschreitungen auf den Champs-Elysees APA/AFP/ALAIN JOCARD

Besonders heftig waren die Ausschreitungen an diesem Samstag zunächst am Triumphbogen an der Spitze der Champs-Elysees. Hier hatten die Sicherheitskräfte Absperrungen aufgebaut. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, in gelbe Warnwesten gekleidete Demonstranten versuchten immer wieder, Absperrungen zu durchbrechen. Dabei zündeten sie auch Pyrotechnik.

Im Laufe des Tages verlagerten sich die Krawalle weiter in die Straßen rund um den berühmten Prachtboulevard. Dort wurden Autos angezündet - über der ganzen Gegend hingen schwarze Rauchwolken. Ladengeschäfte wurden demoliert, Restaurant-Terrassen verwüstet. In anderen Städten verliefen die Proteste weitgehend ohne Zwischenfälle.

Premier Edouard Philippe sprach davon, dass einige der Demonstranten mit großer Gewalt gegen die Polizei vorgehen würden. "Es ist nicht zu entschuldigen, wenn die Ordnungskräfte angegriffen und provoziert werden", sagte Philippe. Innenminister Christophe Castaner nannte die Vorfälle "nicht tolerierbar" und eine "Beleidigung der Republik".

Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie einige Demonstranten sich am Nachmittag am Grabmal des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen versammelten und die französische Nationalhymne sangen. Auf der Prachtstraße selbst demonstrierten nach offiziellen Angaben rund 200 "Gelbwesten" friedlich.

Unterstützung in der Bevölkerung für "Gelbwesten"

Die Bewegung, benannt nach den Warnwesten im Auto, ist breit und diffus. Hinter ihr steht keine Gewerkschaft und keine Partei. Präsident Macron hatte in der vergangenen Woche einen Kurswechsel in der Energiepolitik angekündigt. Die Kraftstoffsteuern sollten künftig an die Entwicklung des Weltmarktpreises für Öl gekoppelt werden, damit die Kosten für die Bürger nicht zu hoch steigen.

Umfragen zufolge werten die Franzosen die Maßnahmen als unzureichend - die Unterstützung in der Bevölkerung für die "Gelbwesten" ist sogar noch gewachsen. Mehrere Oppositionspolitiker warfen der Regierung vor, die Gewalt eskalieren zu lassen, um die "Gelbwesten" zu diskreditieren. Der Rechtsnationalist Nicolas Dupont-Aignan forderte den Rücktritt von Innenminister Castaner. Der Linksparteichef Jean-Luc Melenchon kritisierte die Regierung wegen "übermäßiger Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten".

Macron: "Gewalt nie akzeptieren"

Macron selbst hat die Krawalle am Samstag scharf verurteilt. "Ich werde immer Protest akzeptieren, ich werde immer der Opposition zuhören, aber ich werde nie Gewalt akzeptieren", sagte er während einer Rede beim G-20-Gipfel in Buenos Aires. Nichts rechtfertige Angriffe auf die Polizei, Plünderung oder Vandalismus.

(APA/Reuters/dpa)

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