Kaiser: "Hätte jedem Mann verbieten müssen zu kandidieren"

Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten
Peter Kaiser, Landeshauptmann von KärntenClemens Fabry, Presse
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Kärntens Landeschef zieht anlässlich seines 60. Geburtstages Bilanz, spricht über Sexismus in der SPÖ und verrät sein "großes Ziel". Zudem räumt er ein, Christian Kern geraten zu haben, "der ÖVP zu vertrauen".

Seit dem 28. März 2013 ist Peter Kaiser als Landeshauptmann von Kärnten im Amt. Ein Land, mit dem er "sehr verbunden" sei - "mit seinen Leuten, aber auch mit den Annehmlichkeiten und der Qualität des Lebens", wie der Landeschef der SPÖ, der am Dienstag 60 Jahre alt wird, betont. Ein Anlass, um Bilanz zu ziehen: "Ich habe einen prinzipiellen Fehler: Dass ich sehr offen bin in meinem Führungsstil ... Ich kann nicht zornig sein, weil mir einfach die Inhalte und das, was die Sozialdemokratie mit ihrer Geschichte ausmacht, zu viel bedeuten." Er sei jemand, der prinzipiell vertraut.

"Ich war einer derjenigen, die Christian Kern geraten haben, der ÖVP zu vertrauen und nicht nach dem Plan A die von vielen angeratenen Neuwahlen anzugehen", räumt Kaiser ein. Vielleicht sei er also manchmal zu naiv-gutgläubig gewesen. Gelungen sei ihm dennoch, die Kärntner SPÖ 2010 zu sanieren, zu befrieden und neu aufzustellen: "Im Jahr 2013 ist nicht die SPÖ hinaufgewählt, sondern die FPÖ abgewählt worden." Im Frühjahr 2018 sei er von den Wählern für den "Turnaround" im Land, auch vom wirtschaftlichen Aufschwung getragen, beinahe mit einer absoluten Mehrheit belohnt worden.

"Dann wäre Blau-Schwarz nicht einzige Alternative gewesen"

Als Gründe für das politische Scheitern von Christian Kern nennt Kaiser dessen Gutsgläubigkeit und das Vertrauen in die ÖVP. Außerdem habe der rote Wahlkampf gezeigt, das Routine und Erfahrung fehlten. "Das Dritte, vermutlich der Hauptgrund war: Bitteschön nicht mehr SPÖ-ÖVP." Sein Kriterienkatalog sei damals noch nicht von einem Parteitag beschlossenes Parteistatut gewesen: "Dann hätte man sich leichter getan. Dann wäre nicht die einzige Alternative zu Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot Blau-Schwarz gewesen."

Die neue rote Bundesparteivorsitzende, Pamela Rendi-Wagner, sei im Vergleich zu Kern eine mehr von der "Emotio" vermittelbare Frau. "Sie hat Empathie, sie empfindet auch mehr und nachvollziehbarer." Sie vermittle Heimatgefühl, Sorge um andere und "personifizierte Menschlichkeit" abseits einer "Gutmenschenetikettierung". Angesprochen auf die umstrittene Aussage des designierten Tiroler SPÖ-Vorsitzenden Georg Dornauer meint Kaiser: Sexismus in der SPÖ sei "nicht in dem Ausmaß, wie es vielleicht Einzelbeispiele, dieses Einzelbeispiel, erahnen lässt" vorhanden.

Damit konfrontiert, dass das Reißverschlussprinzip den Kärntnern bei der Listenerstellung für die EU-Wahl zum Problem wurde (für den zugesagten Platz sechs hätte man eigentlich eine Frau nominieren müssen, geworden ist es aber Landeshauptmann-Sohn Luca Kaiser, der dann auch nur Platz neun bekam), sagt Kaiser: "Da hätte ich jedem Mann in Kärnten verbieten müssen zu kandidieren, weil Platz sechs eine Frau sein muss. Das ist eine tolle Demokratie!", so Kaiser nicht ohne Sarkasmus. "Da werden wir nicht mitspielen. Das wird jetzt geändert werden."

Aus Kaisers Sicht würde es reichen, wenn beispielsweise gleich viele Männer und Frauen wählbar wären. Warum sein Sohn eigentlich nicht versucht habe, über die Wiener SPÖ auf die EU-Liste zu kommen, wo er doch in der Hauptstadt studiere und arbeite? "Manche nennen es Heimatliebe. Vielleicht möchte man sich dort einsetzen, wo man sich zuhause fühlt." Sein Sohn habe auch den Hauptwohnsitz in Kärnten.

Großes Ziel? "Reisereferente beim Pensionistenverband"

Bilanz zieht Kaiser auch über die finanzielle Lage des hoch verschuldeten südlichsten Bundeslandes: 2019 kosten allein die Zinsen schon 44 Millionen Euro. "Die einzig wirkliche Maßzahl ist unsere Verschuldungsrate gemessen am Bruttoregionalprodukt." Allein auf diese Relation komme es an, meint der Landeshauptmann. "Da liegen wir bei 16 Prozent der Leistungsfähigkeit - im Unterschied zum Bund, der bei 72, 73 Prozent ist." Den Einwand, dass sich Landes- und Bundesschulden nicht relativieren, sondern addieren würden, lässt Kaiser nicht gelten: Die Nettoneuverschuldung werde nur für Investitionen verwendet, "wir erhöhen nicht Ermessensausgaben, Prunk, Gloria oder Brot und Spiele". Der Stellenplan werde deutlich unterschritten.

In die Bundespolitik wollte Kaiser nie, wie er sagt. "Wobei es schon Überlegungen und Angebote gab - unter Alfred Gusenbauer und jetzt eigentlich einige Male." Die Frage, was er in seiner Karriere noch erreichen möchte, beantwortet der 59-Jährige augenzwinkernd: Die Ambitionen seien "ganz klar": "Die Position des Landeshauptmanns ist eine wichtige, mir irrsinnige Freude bereitende Zwischenstation. Mein großes Ziel ist und bleibt das Anstreben der Funktion des Reisereferenten beim Pensionistenverband."

(hell/APA/Nina Töchterle)

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