Mehr Ausländer dürfen arbeiten

Im heurigen Herbst kündigte die türkis-blaue Regierung eine Modernisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte an. Auch eine Regionalisierung der sogenannten Mangelberufsliste wurde in Aussicht gestellt.
Im heurigen Herbst kündigte die türkis-blaue Regierung eine Modernisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte an. Auch eine Regionalisierung der sogenannten Mangelberufsliste wurde in Aussicht gestellt.(c) REUTERS (ANDREA COMAS)
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Personen aus Drittstaaten sollen einen leichteren Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt bekommen. Zudem wird bei Mangelberufen nach regionalen Bedürfnissen unterschieden.

Wien. 2011 wurde sie unter der rot-schwarzen Bundesregierung eingeführt: die Rot-Weiß-Rot-Karte. Sie regelt den qualifizierten Zuzug von Personen aus Drittstaaten nach Österreich. Im heurigen Herbst kündigte die türkis-blaue Regierung eine Modernisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte an. Auch eine Regionalisierung der sogenannten Mangelberufsliste wurde in Aussicht gestellt.

Nun haben sich die beiden Regierungsparteien auf eine Reform geeinigt. Damit will man den Fachkräftemangel ein Stück weit bekämpfen. Der „Presse“ liegt der Entwurf des Wirtschaftsministeriums vor, der in den nächsten Tagen im Parlament eingebracht und ab 1. Jänner in Kraft treten soll. Das Wichtigste im Überblick:

Derzeit können sechs verschiedene Personengruppen aus Drittstaaten (also aus Ländern außerhalb der EU) über die Rot-Weiß-Rot-Karte nach Österreich kommen: Dazu zählen besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte in Mangelberufen, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen einer heimischen Uni, selbstständige Schlüsselkräfte oder Start-up-Gründer.

Abschwächung strittiger Punkte

Ziel der Rot-Weiß-Rot-Karte war es, den qualifizierten Zuzug aus Drittstaaten nach Österreich zu regeln. Bei der Einführung war man davon ausgegangen, dass von dieser Möglichkeit etwa 8000 Personen pro Jahr Gebrauch machen würden. Die Annahme hat sich jedoch als falsch erwiesen. In den vergangenen beiden Jahren kamen nicht einmal rund 2000 solcher Fachkräfte nach Österreich. Die Vorgaben seien zu komplex, die Hürden zu bürokratisch, lautete ein häufig geäußerter Vorwurf.

Deshalb will man für Schlüsselkräfte nun die Gehaltsuntergrenzen senken. In Zukunft sollen unter 30-Jährige nur noch mindest 2052 Euro brutto im Monat statt 2565 Euro verdienen. Für über 30-Jährige wird das notwendige Mindesteinkommen von 3078 Euro brutto monatlich auf 2565 Euro reduziert.

Wegfallen soll auch der „Nachweis der ortsüblichen Unterkunft“. Bisher mussten Antragssteller einen bereits gültigen Mietvertrag in Österreich vorweisen, selbst wenn sie noch gar nicht wussten, ob sie überhaupt eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten würden. Die Rot-Weiß-Rot-Karte funktioniert nach einem Punkteschema. Das Alter wird bei der Gewichtung keine Rolle mehr spielen. Den Antragsstellern will man außerdem ermöglichen, vieles digital zu erledigen.

Mehr Mangelberufe bundesweit

Von Relevanz ist auch die Ausweitung der Mangelberufe. Die Liste der Mangelberufe umfasst jene Jobs, in denen Menschen aus Drittstaaten legal in Österreich arbeiten dürfen. Kurz vor der Angelobung der ÖVP/FPÖ-Regierung wurde diese Liste von elf auf 27 Berufe erweitert. Nun soll sie österreichweit 45 Berufe umfassen.

Derzeit finden sich auf der Liste unter anderem Fräser, Dachdecker oder Zimmerer. Neu hinzu kommen etwa Techniker mit höherer Ausbildung für Bauwesen oder Techniker mit höherer Ausbildung für Schwachstrom- und Nachrichtentechnik. Auch Köche werden Teil der neuen Bundesliste sein. Sie waren ein in der Vergangenheit gern strapaziertes Beispiel, weil es im Westen weit weniger arbeitslose Köche als offene Stellen gab, im Osten dagegen gab es mehr arbeitssuchende Köche als Jobs.

„Der Mangel an Fachkräften ist für die Tourismuswirtschaft ein ernstes Problem geworden. Die Ausweitung der bundesweiten Mangelberufsliste ist zur Besetzung der freien Stellen ein wichtiger Schritt. Besonders gut ist, dass das für den Beruf des Kochs nun österreichweit unbegrenzt gilt“, sagt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).

Regionale Mangelberufslisten

Neben einer vergrößerten Bundesliste wird es zusätzlich eine regionalisierte Mangelberufsliste für die meisten Bundesländer geben. Die Anforderungen der Wirtschaft seien nicht überall gleich, und „wir können nicht zulassen, dass Wien das Bild verfälscht und den Bedarf für alle Bundesländer definiert“, sagt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). In Kärnten wird mit dem Maurer nur ein zusätzlicher Mangelberuf aufgenommen, in Oberösterreich werden es hingegen 18 (etwa Buchhalter, Fleischer etc.) sein. Für Wien und das Burgenland wird es keine eigenen Listen geben.

Doch können nicht unzählige Arbeitssuchende aus Drittstaaten über die regionale Mangelberufsliste nach Österreich kommen. Die Regierung will die Zahl mit bis zu 300 Personen pro Jahr österreichweit begrenzen. Dies entspräche etwa dem Schnitt der Personen, die bisher über die Mangelberufsliste der Bundesliste eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten haben, so das Wirtschaftsministerium. Auf diese Weise wolle man sicherstellen, „dass es im qualifizierten Bereich nicht zu einer unbegrenzten Migration kommt“. Mit der Entbürokratisierung und Modernisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte orientiere man sich an den Bedürfnissen der Wirtschaft, sagt Schramböck zur Reform.
Erst im Sommer hat die Wirtschaftskammer eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt, wonach bundesweit 162.000 Fachkräfte fehlen.

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