Laut einem Abschlusspapier haben sich Vorwürfe sexualisierter Gewalt bestätigt. Die Staatsanwaltschaft wurde gleichzeitig eingeschaltet.
Wien. Vorwürfe über Missbrauch im Skisport, vor allem in der Nachwuchsarbeit, wurden bestätigt. Es habe sexualisierte Gewalt und strukturelle Defizite gegeben. Dies ist der Kern des Endberichts einer Expertenkommission, wie er laut der „Tiroler Tageszeitung“ nun vorliegt.
Das Papier wurde auch an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Das Expertengremium war im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen im Skinachwuchssport vor einem Jahr in Tirol ins Leben gerufen worden.
Für die von der Vorsteherin des Bezirksgerichts Kufstein, Andrea Wibmer-Stern, geführte Expertenkommission habe sich etwa bei der Skihauptschule Neustift das Bild verfestigt, dass es dort zu sexualisierter Gewalt und Grenzüberschreitungen gekommen sei. Zudem würden in dem Bericht strukturelle Defizite in der Vergangenheit und Mängel in der Informationsweitergabe beziehungsweise in der Kommunikation zwischen den verantwortlichen Stellen aufgezeigt.
Neustift, Stams betroffen
In der Stubaier Skihauptschule ging es vor allem um einen Heimleiter. Ende der 1990er-Jahre geriet außerdem ein heute hoher Schulbeamter in Verdacht, Mädchen unsittlich berührt zu haben.
Auch im Skigymnasium Stams hätten sich Meldungen bestätigt, wonach es zu Übergriffen unter Schülern mit dem berüchtigten „Pastern“ (Einschmieren und Schlagen des Gesäßes) außerhalb des Internats oder der Schule gekommen sei. Insgesamt seien 13 Meldungen von Betroffenen bei der Erstanlaufstelle für Opfer in Landeseinrichtungen eingegangen. Acht davon betrafen Neustift, vier das Skigymnasium Stams, eine bezog sich auf einen Sportverein. Seit Dezember 2017 gab es demnach keine Meldungen mehr von Missbrauch in den Sportschulen bzw. Internaten des Landes.
Die Experten wollen die Aufarbeitung der Vergangenheit zugleich als Empfehlung für die Zukunft verstanden wissen. Daher liege der Schwerpunkt des Berichts, dessen Inhalt vertraulich sei, um kein Persönlichkeitsrecht zu verletzen, auch auf Empfehlungen für die Zukunft. Im Mittelpunkt stehe die Prävention, die strafrechtliche Klärung der Vorfälle hingegen obliege den Gerichten.
Die Aufarbeitung der Vorkommnisse ins Rollen gebracht hatte die ehemalige Tiroler Skirennläuferin Nicola Werdenigg, die unter ihrem Mädchennamen, Spieß, im Weltcup tätig war. Sie hatte im Zuge der #MeToo-Debatte vor einem Jahr sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch im Skisport öffentlich gemacht – und eine breite öffentliche Diskussion losgetreten. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2018)