Streit um Arbeitszeit flammt rund um Fall einer Hilfsköchin wieder auf

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Der Fall einer Hilfsköchin, die nach fast 20 Jahren in einem Betrieb gehen musste, befeuert die Debatte über den Zwölf-Stunden-Tag. Die Wirtschaftskammer will Ungereimtheiten entdeckt haben, die AK widerspricht.

Rund um das Streitthema 12-Stundentag gehen die Wogen zwischen der Wirtschaftskammer (WKÖ) und der Arbeiterkammer (AK) seit Monaten hoch. Nun spitzt sich die Auseinandersetzung neuerlich zu - und zwar rund um das Beispiel einer Hilfsköchin in Wien, die ihren Job verlor. Laut AK hatte die Hilfsköchin einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Druck zugestimmt. Die 56 Jahre alte Hilfsköchin habe gehen müssen, weil sie sich nicht "freiwillig" auf den 12-Stundentag einließ: Mit diesem Beispiel wurde die AK nicht müde darzustellen, dass der Freiwilligkeitspassus im Arbeitszeitgesetz nicht wirke. Von der WKÖ heißt es nun, die Kündigung der Frau habe mit der Arbeitszeit gar nichts zu tun.

Die Wirtschaftskammer will nun Ungereimtheiten entdeckt haben: "Es handelte sich um eine gerechtfertigte Kündigung, da sich die Mitarbeiterin nicht mit den neuen Öffnungszeiten arrangieren konnte oder wollte", hieß es am Dienstag von Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der WKÖ. "In dem Fall stand aufgrund einer Änderung der Aufsperrzeit von 8:00 auf 11:00 Uhr eine Änderung der Arbeitszeiten im Raum. Von einer Verlängerung auf 12 Stunden war niemals die Rede, insbesondere auch deshalb, weil die Frau lediglich in Teilzeit angestellt war."

Arbeiterkammer kontert WKÖ

Auf diese Darstellung der WKÖ reagierte die AK wiederum umgehend: "Das Lokal ist nun von 11 bis 23 Uhr geöffnet. Die Arbeitnehmerin, die zuvor fast 20 Jahre in Teilzeit beschäftigt war, bot an, wöchentlich 40 Stunden zu arbeiten. Aber 12 Stunden am Tag schaffe sie gesundheitlich nicht." Es sei also sehr wohl um die Arbeitszeit gegangen. Der Arbeitnehmerin hätten laut AK nur mehr vier Monate gefehlt, dann wäre sie 20 Jahre bei der Firma beschäftigt gewesen. Dann hätte die Abfertigung statt 6 Monatsentgelten 9 Monatsentgelte betragen. "Der ehemalige Arbeitgeber hat der Arbeitnehmerin die Abfertigung und weitere Ansprüche bis heute nicht bezahlt, die Arbeiterkammer klagte den bisher fälligen Betrag von 4.000 Euro jetzt ein. Insgesamt sind circa 6.900 Euro offen."

Diametral anders die WKÖ: "Dass die Führungsriegen von AK und Gewerkschaft vida einen derartig eindeutigen Fall offensichtlich falsch darstellen, um politisch Druck gegen das neue Arbeitszeitgesetz aufzubauen, ist hochgradig unredlich und lässt auch massiv an der Glaubwürdigkeit anderer zitierter Fälle zweifeln", so Pulker. Das durch die AK angestrengte Verfahren aufgrund ausstehender Lohnzahlungen habe mit dem 12-Stundentag absolut nichts zu tun, so seine Überzeugung. "Zwischen den Forderungen der Gekündigten und dem Betrieb gab es Auffassungsunterschiede, was die Ansprüche anbelangt, dass diese gerichtlich geklärt werden ist absolut nicht ungewöhnlich

(APA)

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