Die Büroleiterin von Landeshauptmann Niessl könnte neue Präsidentin des Landesverwaltungsgerichts werden. Der amtierende Präsident spricht von einem "gesetzwidrigen und intransparenten Auswahlverfahren". Die Betroffene "wundert" sich.
Die Angelegenheit um die Neubesetzung der Präsidentenstelle des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) Burgenland ist um eine Facette reicher: Am Dienstag äußerte der amtierende Präsident Manfred Grauszer vor Journalisten schwere Bedenken gegen eine mögliche Bestellung der Büroleiterin von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) zu seiner Nachfolgerin.
Seit dem Sommer 2018 sei es "ein offenes Geheimnis, dass die Büroleiterin des Landeshauptmannes für den Präsidentenposten vorgesehen ist und noch vor dem Ende seiner Amtszeit als Landeshauptmann bestellt werden soll", stellte Grauszer fest, der bei dem Medientermin von acht Richterkollegen flankiert wurde. Die "zu erwartende Bestellung" der Büroleiterin würde "einen nachhaltigen Schaden für das Ansehen und den Ruf der Verwaltungsgerichte, insbesondere des burgenländischen", auslösen, argumentierte er.
>>> Kommentar: Österreich darf nicht Polen werden
"Nach unserer Meinung ist das Auswahlverfahren gesetzwidrig und intransparent", sagte Grauszer. Die Stellenausschreibung eineinhalb Jahre vor der Pensionierung des amtierenden Präsidenten sei "zur Unzeit" erfolgt. Durch die Ausschreibung in der Urlaubszeit habe sich insbesondere der Vizepräsident, "der eigentlich als natürlicher Nachfolger hauptsächlich infrage gekommen wäre", nicht bewerben können.
Und weiter: "Die Bewerberin erfüllt nach den uns zugänglichen Informationen nicht die gesetzlichen Anforderungen einer fünfjährigen Berufsausübung, für die ein abgeschlossenes Rechtsstudium vorausgesetzt werde." Denn: "Ihre Tätigkeit in politischen Büros von Regierungsmitgliedern - bei Landeshauptmann Niessl, aber auch bei Frau Landesrätin (Verena, Anm.) Dunst (SPÖ) zählt jedenfalls nicht dazu, weil das Studium keine Voraussetzung ist, um in einem politischen Büro zu arbeiten."
Entscheider zum großen Teil weisungsgebunden
Zudem übte der LVwG-Präsident Kritik, dass die Auswahlkommission mehrheitlich aus weisungsgebundenen Beamten bestünde. Zwar sei vom Personalberater ein Hearing über Soft Skills durchgeführt worden, nicht jedoch betreffend der speziellen Anforderungen, die mit der Stelle eines Richters und Gerichtspräsidenten verbunden seien.
Weiters habe es eine "nicht im Gesetz vorgesehene" Unterkommission gegeben, die ein zweites Hearing durchgeführt habe. Ihr habe auch ein früherer Vizepräsident des Landesgerichts Eisenstadt angehört: "Der hat mit Verwaltungsrecht auch nichts zu tun - und der stellt dort Rechtsfragen?" Das sei "eine sonderbare Vorgangsweise", befand Grauszer. Dies umso mehr, als der Betreffende Fragen aus dem Verwaltungsrecht gestellt und "richtige Antworten falsch beurteilt" habe. Voraussetzungen für das Präsidentenamt seien, soweit erkennbar, auch beim zweiten Hearing nicht beurteilt worden.
Aus dem Landesverwaltungsgericht hätten sich "fast alle" Richterinnen und Richter beworben. Sie übten den Beruf seit fünf bis 23 Jahren aus, hätten also "den Job intus, wissen wie man Urteile schreibt, wie man verhandelt". Die Büroleiterin hingegen habe "eine weit geringer gefächerte Verwaltungserfahrung und noch dazu in Bereichen, die das Gericht kaum berühren", so Grauszer. Sie habe noch nie ein Urteil verfasst: "So eine Kandidatin könnte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nie Gerichtspräsidentin werden."
Büroleiterin: "Wundere mich sehr über die Aufregung"
Die kritisierte Büroleiterin Niessls teilte in einem Statement gegenüber der APA mit: "Es ist bekannt, dass ich mich beworben habe. Dies deshalb, weil ich alle Anforderungen erfülle und die Funktion eine sehr interessante ist. Nun wird die Objektivierungskommission entscheiden, wer nach den Hearings der/die Beste war. Ich darf allerdings schon sagen, dass ich mich sehr über die Aufregung wundere. Interessant finde ich, dass sich die öffentliche Diskussion allein um mich dreht."
(APA)