Denunziation als Kunstaktion? Die Behörden reagieren

In Chemnitz kam es Ende August zu Demonstrationen und Ausschreitungen.
In Chemnitz kam es Ende August zu Demonstrationen und Ausschreitungen.APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
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Das Zentrum für Politische Schönheit ruft dazu auf, Nazis zu identifizieren. Sachsen geht nun gegen den „Katalog der Gesinnungskranken“ vor.

Zum Identifizieren von Rechtsextremen hat die deutsche Künstlergruppe Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) aufgerufen: Auf einer am Montag freigeschalteten Website namens „Soko Chemnitz“ hat sie einen „Katalog der Gesinnungskranken“ mit Fotos und Steckbriefen einiger Menschen veröffentlicht, die ihren Angaben nach zu den „Fahnenflüchtigen von Chemnitz“ gehören (wo es Ende August zu Demonstrationen und Ausschreitungen kam). Drei Millionen Fotos will sie dabei ausgewertet haben – von etwa 7000 „Verdächtigen“.

Der Online-Aufruf zur Denunziation parodiert unverkennbar totalitäre Propaganda: die prahlende Berufung auf eine Software, die Nazis erkennen könne, den staatlichen Einsatz von Überwachungstechnologien. Wo ist hier Ernst, wo Satire? Die sächsischen Behörden haben jedenfalls ernst reagiert. Poster wurden abgehängt, eine strafrechtliche Relevanz der Inhalte und Abbildungen werde geprüft, hieß es. Die sächsische Landesregierung beanstandet auch die Nutzung des Logos der sächsischen Standortkampagne „So geht sächsisch“ auf der Internetseite der Künstlergruppe.

Mit provokanten politischen Kunstaktionen hat das ZPS in den letzten Jahren öfters aufgeregt. So forderte es bei der Aktion „Flüchtlinge fressen“ Flüchtlinge auf, sich aus Protest gegen einen Paragrafen im deutschen Aufenthaltsgesetz fressen zu lassen – dafür hatte es eigens vor dem Gorki-Theater in Berlin eine römisch anmutende Arena mit vier Tigern errichtet. 2017 baute es ein Holocaust-Mahnmal aus 24 Beton-Stelen vor dem Haus des AfD-Politikers Björn Höcke in der Thüringer Kleinstadt Bornhagen. (sim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2018)

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