Wohnen für ein Weilchen

Symbolbild.
Symbolbild. Your Living
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Kurzzeit-Apartments. Ob aus beruflichen Gründen oder aus privaten – die Nachfrage nach Wohnraum für ein paar Wochen oder Monate wächst. Die Wünsche und Bedürfnisse sind dabei höchst unterschiedlich.

Das Geschäft mit dem Kurzzeitwohnen boomt. Der Bedarf an Unterkünften für den Übergang wächst in allen Preisklassen, das Angebot auch – und ein Ende scheint lange nicht in Sicht. Festmachen lässt sich das unter anderem an Zahlen des Österreichischen Siedlungswerkes (ÖSW): 2013 stieg das Unternehmen mit seiner Tochter roomforrent.com in das preisgünstige Segment dieses Marktes ein und konnte seitdem kontinuierlich neue Häuser mit vollständig eingerichteten Apartments eröffnen. „2020 werden wir knapp 1000 Einheiten in Wien haben“, berichtet der Vorstandsvorsitzende Michael Pech. Derzeit sind es knapp 500, die nächsten 100 sind bereits im Bau.

Als Gründe für die hohe Nachfrage nennt Pech, der auch Lehrbeauftragter an der TU ist, zunächst die „Versingelung“ der Gesellschaft im Großstädten, die in Wien derzeit bei 45 Prozent liegt, in Städten wie New York oder London aber bereits über 60 Prozent ausmacht. Der alleinige Grund sei das aber nicht: „Als wir roomforrent gegründet haben, haben wir uns auf drei Zielgruppen konzentriert und sind damit auch richtig gelegen“, berichtet er.

Mietdauer kürzer als erwartet

Zu einem Drittel sind das die Expats, oft hoch qualifizierte Manager aus dem Ausland, denen ein Hotel für einen längeren Arbeitsaufenthalt in Österreich zu teuer ist. Das zweite Drittel bilden die sogenannten Arbeitssingles, Menschen aus den Bundesländern, die dort weiterhin ihren Lebensmittelpunkt haben, aber unter der Woche in Wien arbeiten. „Und das dritte Drittel bilden Menschen, die mit einer Trennung umgehen müssen“, sagt Pech. Zumal es heute nicht mehr so sei, „dass es ein Familienheim gibt, und bei einer Trennung zieht der Mann aus, und die Frau bleibt mit den Kindern im Haus“. Vielmehr gebe es jede Menge Paare, von denen sich einer allein die bisherige Wohnung nicht mehr leisten könne und meist auch nicht wolle.

Etwas danebengelegen sei man dagegen bei der Verweildauer der Kurzzeitmieter, räumt Pech freimütig ein. „Der ursprüngliche Plan war, die Wohnungen für zwei Monate bis zwei Jahre zu vermieten. Viele wohnen aber bei uns, weil sie eine Wohnung oder einen Job suchen, und ziehen nach dreieinhalb bis vier Monaten wieder aus – während wir mit einem durchschnittlichen Aufenthalt von sechs Monaten kalkuliert hatten.“

Eine sinkende Verweildauer bestätigt auch Moe Mahmoodian, der im Luxussegment tätig ist. Der einstige Mitbegründer von Vienna Residence und Geschäftsführer der im Oktober neu eröffneten Grandquarters.com vermietet hochwertige Wohnungen an betuchte Kunden – und stellt derzeit fest, dass die Bereitschaft, 8000 bis 9000 Euro im Monat für eine Wohnung auszugeben, nur mehr bei einer sehr überschaubaren Kundschaft vorhanden ist. „Dafür boomt die wirkliche Kurzzeitvermietung bis zu einer Woche derzeit stark, für die in der Nebensaison um die 300 Euro pro Nacht, in der Hauptsaison 650 bis 800 Euro pro Nacht ausgegeben werden.“ Der Grund für diese Klientel, nicht in ein Fünfsternehotel zu gehen, liege zumeist im Wunsch nach mehr Privatsphäre – wobei aber auch Dienstleistungen gern in Anspruch genommen werden. „Vor allem Wäsche- und Reinigungsservices werden häufig genutzt, zunehmend auch Einkaufsangebote“, berichtet der Vermieter von derzeit rund 35 Einheiten in Wien.

Balkon und Infrastruktur

Beim rein geschäftlichen Kurzzeitwohnen interessieren sich dagegen nur die wenigsten Kunden für Concierge- und ähnliche Services – das hat Michael Graf seit dem Launch von Your Living im September festgestellt. Der langjährige Geschäftsführer des Büro- und Konferenzraumanbieters Your office hat die Vermietung von Apartments aufgrund der stetigen Nachfrage seiner Büroraumkundschaft im Herbst als „Testlauf“ mit zunächst einem Apartment gestartet, dann aufgrund der Nachfrage umgehend auf drei Wohnungen erweitert und ist bereits eifrig dabei, den Bestand auszubauen. Die Wohnungen sind durchgehend ausgebucht, was Graf neben den derzeit noch günstigen Einführungspreisen vor allem der Tatsache zuschreibt, dass alle Apartments Freiflächen haben. „Wer länger hier ist, möchte einen Ort, an dem er auch ins Freie kann“, so seine Erfahrung. Wichtig sei auch die Nähe zu Restaurants und Shops – und zum Büro, in dem sich das Arbeitsleben während des Aufenthaltes abspielen soll. (SMA)

Wissenswertes über . . . . . . das Wohnen auf Zeit

Fakt 1

Was es kostet. Die günstigeren Kurzzeitangebote beginnen bei 780 Euro im Monat. Für Geschäftskunden sind Wochenpreise von knapp 500 Euro oder Monatsmieten von gut 1600 Euro üblich. Und im privaten Luxussegment sind die Preise naturgemäß nach oben offen und beginnen bei 300 Euro pro Nacht, monatlich können hier auch durchaus fünfstellige Summen aufgerufen werden.

Fakt 2

Was es kann. Mitzubringen sind in den Kurzzeitapartments nur die Dinge des persönlichen Bedarfs, Möbel, Küchenausstattung, Bettwäsche und Handtücher sind in den Preisen meist genauso inkludiert wie Heizkosten und WLAN. Zusätzlich müssen dagegen allfällige Reinigungskosten oder Wäscheservices kalkuliert werden – wobei es in einigen Apartments auch Waschmaschinen gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2018)

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