"Es war mir eine Ehre": Merkels letzte Rede als CDU-Chefin

Angela Merkel bei ihrer letzten Rede als CDU-Chefin.
Angela Merkel bei ihrer letzten Rede als CDU-Chefin.(c) AFP (ODD ANDERSEN)
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Die scheidende CDU-Vorsitzende Angela Merkel ruft ihre Partei zur Geschlossenheit nach der heutigen Wahl ihres Nachfolgers auf. Zum Abschluss ihrer Rede kämpfte sie mit den Tränen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft, dass ihre Christdemokraten trotz des Wettbewerbs um die Parteispitze mit Geschlossenheit und Kompromissfähigkeit in die nächsten Wahlkämpfe gehen wird. Die CDU könne auch in diesen schwierigen Zeiten gute Ergebnisse erringen, wenn sie "geschlossen und entschlossen" kämpfe, sagte die scheidende Vorsitzende am Freitag beim CDU-Parteitages in Hamburg.

"Wohin uns nicht enden wollender Streit führt, dass haben CDU und CSU in den letzten Jahren bitter erfahren", fügte sie warnend hinzu. Merkel, die nach 18 Jahren und 8 Monaten an der CDU-Spitze nicht mehr für den Parteivorsitz antritt, wurde von den 1001 Delegierten mit minutenlangem Applaus empfangen. Einige von ihnen hielten Schilder mit der Aufschrift "Danke, Chefin" hoch.

Drei Kandidaten für die Nachfolge

Im Mittelpunkt des Parteitages steht die Wahl eines Nachfolgers der Bundesparteivorsitzenden, die nach schweren Verlusten der CDU und der Schwesterpartei CSU bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen Ende Oktober ihren Rückzug erklärt hatte. Als Bundeskanzlerin wird Merkel aber noch bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 weitermachen.

Den Parteitag nutzte Merkel auch für einen Blick zurück. Sie sagte, die CDU habe nach der Parteispendenaffäre damals nicht klein beigegeben, sondern sie habe es "allen gezeigt". Sie betonte, die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 sei richtig gewesen.

Um ihre Nachfolge im Parteivorsitz bewerben sich Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, der frühere CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn. Beobachter erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kramp-Karrenbauer und Merz. Mit Spannung wird auch erwartet, ob Spahn mit einem zweistelligen Ergebnis zumindest einen Achtungserfolg erzielen kann. Im Rennen um den Parteivorsitz gilt er als weitgehend chancenlos.

"Das ist Demokratie pur"

Merkel erinnerte daran, wie sie den Vorsitz im April 2000 übernommen hatte, als die CDU wegen der Folgen der Spendenaffäre am Boden lag. "Die Zeiten heute sind fordernd, ohne Zweifel. Doch eine Schicksalsstunde der Christlich Demokratischen Union Deutschlands haben wir vor 18 Jahren erlebt", sagte sie. Die Folgen der Spendenaffäre seien überwunden. "Wir haben zurück zur Sachen gefunden", sagte sie.

Es ist das erste Mal seit 1971, dass die CDU-Delegierten bei der Wahl ihres Vorsitzenden zwischen mehreren Kandidaten entscheiden. Die Noch-Parteichefin begrüßte den Wettbewerb. "Das ist Demokratie pur, wenn Auswahl besteht", hatte Merkel am Vortag erklärt.

Mit teils sehr persönlichen Worten verabschiedete sich die scheidende CDU-Parteichefin Angela Merkel auf dem Parteitag in Hamburg von den Delegierten. "Jetzt ist es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen", sagte sie unter dem Applaus der Parteivertreter am Ende ihrer letzten Rede als CDU-Vorsitzende. "Es war mir eine große Freude, es war mir eine Ehre", ergänzte 64-Jährige, die mit Tränen kämpfte.

Vorstellungsreden: "Keiner der drei Kandidaten wird der Untergang der Partei sein"

Am Nachmittag haben die Bewerber um den Parteivorsitz ihre Vorstellungsreden gehalten. Dabei machte Kramp-Karrenbauer den Anfang vor Merz und Spahn.

Kramp-Karrenbauer rief ihre Partei auf, den "Mut" für die Aufgaben der Zukunft zu haben und "nicht den Schwarzmalern hinterherzulaufen". Die CDU müsse die Digitalisierung vorantreiben, einen starken und konsequenten Staat durchsetzen und Verantwortung für das Gemeinwohl auch mit einem Gesellschaftsjahr schaffen. Die Partei müsse stark sein und "unzweideutig" zu ihrem Wertekompass stehen. "Keiner der drei Kandidaten wird der Untergang der Partei sein", sagte Kramp-Karrenbauer unter lauten Applaus der Delegierten.

Merz rief die Partei zu einer Erneuerung auf. "Von diesem Parteitag muss ein Signal des Aufbruchs und der Erneuerung unserer Partei ausgehen", sagte Merz am Freitag auf dem CDU-Parteitag in Hamburg. Es brauche einen "Strategiewechsel" beim Umgang mit Themen, in der Auseinandersetzung mit dem politischen Wettbewerber sowie in der Kommunikation mit den Bürgern. Während der Zuspruch zu den Volksparteien abnehme, seien die Populisten von links und rechts "immer lauter und immer erfolgreicher", sagte Merz. Merz erneuerte seine Forderung nach einer "Agenda für die Fleißigen". Er sprach sich zudem für einen starken Staat aus und sagte im Hinblick auf die Einwanderungspolitik: "Es gibt auch Grenzen unserer Möglichkeiten."

Spahn will im Falle seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden nicht pflegeleicht werden. Aber die CDU könne sich auf ihn verlassen. "Ich bin wie ich bin. Ich werde auch in Zukunft manche Debatte anstoßen, wo dann morgen der Nachbar Sie anspricht: Was ist denn das nun wieder?" An die CDU appellierte er, sich ihre neue, in der Diskussion um die Nachfolge von Parteichefin Angela Merkel erworbene Diskutierfreude zu bewahren. "Da ist ein neuer Geist in der CDU zu spüren." Spahn rief in seiner Bewerbungsrede zu einem Neuaufbruch auf. Die CDU brauche kein "Weiter so" und "kein Zurück in die Vergangenheit." Ihn treibe die Frage um, wie Deutschland im Jahr 2040 aussehe werde. "Was wir brauchen, ist eine Idee für die Zukunft, einen Perspektivwechsel", sagte er zu den Delegierten.

Wähler reagieren positiv auf Veränderung

Neben dem Vorsitzenden, den fünf Stellvertretern, dem Schatzmeister und fünf weiteren Präsidiumsmitgliedern werden in Hamburg auch 26 Mitglieder des Bundesvorstands sowie 19 Beisitzer gewählt. Offen ist, ob die 1001 Delegierten auch schon einen neuen Generalsekretär wählen werden. Das entscheidet der neue Parteichef.

Außerdem soll der Parteitag nach dem Willen des Bundesvorstands einen Beschluss zum umstrittenen UN-Migrationspakt fassen. Die Wähler reagierten zunächst positiv auf die Wechselstimmung bei den Christdemokraten. Im neuen ARD-Deutschlandtrend gewannen CDU und CSU vier Prozentpunkte hinzu und kamen somit auf 30 Prozent.

(APA/dpa/AFP)

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