„Stille Nacht“ und seine Geschichte(n)

Das Stille-Nacht- Museum und die Volksschule Arnsdorf.
Das Stille-Nacht- Museum und die Volksschule Arnsdorf.(c) Stille Nacht Gesellschaft/Tourismusverband Lamprechtshausen
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Zum 200-Jahr-Jubiläum von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ gibt es Ausstellungen an neun Orten.

Es ist still, sehr still. Kein leises „Stille Nacht!“ im Hintergrund, keine Mitsingstation und auch keine Besucher, die das Weihnachtslied gedankenverloren dahinsummen. Die auf neun Orte aufgeteilte Salzburger Landesausstellung zum Jubiläum der Uraufführung von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ kommt leise daher. Sie geht behutsam mit dem berühmten Weihnachtslied um. Vor 200 Jahren haben der Lehrer und Organist Franz Xaver Gruber und Pfarrer Joseph Mohr „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ zum ersten Mal gespielt und gesungen.

Salzburg will sich zum Jubiläum als Entstehungsort des Weihnachtsliedes auf die touristische Landkarte setzen. Ein Herzstück der vielen Aktivitäten (einen Überblick gibt es unter stillenacht.com) ist die Landesausstellung, die neun in mehr oder weniger engem Zusammenhang mit der Geschichte des Liedes stehende Orte in Salzburg, Tirol und Oberösterreich zu einer Rundreise vereint. Man muss schon ein echter Fan sein, um von Arnsdorf bis ins Zillertal alle Stationen zu absolvieren. Aber auch ein paar Museen reichen, um zu erkennen, wie viele Geschichten es rund um dieses Lied zu entdecken gibt.

Etwa in Hallein, wo das Stille-Nacht-Museum renoviert und neu gestaltet wurde. Hier hat Franz Xaver Gruber von 1835 bis zu seinem Tod 1863 als Chorregent und Organist gearbeitet. Sein ehemaliges Wohnhaus dient heute als Museum. Die Räume sind weiß gestrichen, es riecht noch nach frischer Farbe. In den beiden Zimmern im zweiten Stock herrscht kitschfreie Zone. Ausgestellt sind einige Musikinstrumente aus dem Nachlass von Gruber, sein Schreibzeug, einige Bilder der Familie. Im Zentrum stehen Notenblätter und Schriftstücke. In seiner „Authentischen Veranlassung“ beschreibt Gruber, was sich rund um den 24. Dezember 1818 zugetragen hat. Mohr hatte ein von ihm verfasstes Gedicht mit der Bitte zu Gruber gebracht, dazu eine Melodie zu verfassen. In der Heiligen Nacht sei es in Oberdorf dann erstmals erklungen, schreibt Gruber. Die Urfassung des Liedes ist übrigens verloren gegangen. Einige der von Gruber später geschriebenen Fassungen für die Halleiner Kirche sind im Museum zu sehen. Der älteste erhaltene Autograf – um 1820 von Joseph Mohr geschrieben – führt zu einer anderen Station der Landesausstellung, ins Salzburg Museum in der Stadt Salzburg. Auch dieser Teil der Schau kommt ganz ohne Ton aus, lässt aber mit behutsam gewählten Stationen erahnen, was die Faszination dieses weltweit bekannten Liedes ausmacht. Es ist ein Video einer Gruppe von tauben Menschen, die das Lied in Gebärdensprache im Chor „singen“, das am stärksten berührt. Kein Ton, aber viel Gefühl. Der Mohr-Autograf ist lichtgeschützt in einem Raum der Stille zu sehen. Experten gehen davon aus, dass diese Fassung jener, die am 24. Dezember 1818 in Oberndorf uraufgeführt wurde, am nächsten kommt.

Kindheit in Oberösterreich. Aber weiter nach Norden in Richtung Oberösterreich. In Hochburg-Ach, dem Geburtsort von Franz Xaver Gruber, lässt sich der Kindheit und Jugend des Komponisten nachspüren. Nach seiner Ausbildung zum Lehrer kam er nach Arnsdorf, wo er heiratete und in das Schul- und Mesnerhaus einzog. Die Schule gibt es noch. Im Erdgeschoß sind die beiden bis heute genutzten Klassenzimmer, im ersten Stock das liebevoll eingerichtete Museum. Wenn Kustos Max Gurtner erzählt, ist es, als ob Gruber gleich bei der Tür hereinkommen und sich im historischen Klassenzimmer ans Pult stellen würde. Das Schulwesen zur Zeit der Entstehung von „Stille Nacht“ ist das zentrale Thema dieser Ausstellung. Im Stille-Nacht-Museum Oberndorf geht man der Frage nach, wie die Menschen um 1818 angesichts von Krieg, Armut und politischer Umwälzung lebten. Auch das eine interessante und gut durchdachte Facette der Schau. Erstaunlich, wie viele Geschichten sich rund um ein einfaches Lied erzählen lassen, wenn man es nicht inflationär zu hören bekommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2018)

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