SPÖ-Kritik: "Sebastian, was hast du gemacht?"

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SPOe-PRAeSIDIUMSSITZUNG / PRESSEKONFERENZ: RENDI-WAGNER / DROZDAAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die SPÖ-Spitze übt beim Kongresses der Europäischen Sozialdemokraten Kritik am österreichischen EU-Vorsitz.

Die SPÖ zieht eine enttäuschte Bilanz der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, die mit dem Jahreswechsel zu Ende geht. "Ich suche noch die großen Meilensteine", erklärte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Samstag am Rande des Kongresses der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) in Lissabon. Manifest werde das "Scheitern" besonders bei "Frontex".

Großen Ankündigungen seien keine konkreten Ergebnisse gefolgt, meinte Rendi-Wagner bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder, der Leiterin der EU-Parlamentsdelegation, Evelyn Regner, und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Dabei wurde das drohende Scheitern der Aufstockung der EU-Grenzschutzagentur Frontex als besonders exemplarisches Beispiel genannt.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung habe unter dem Motto "Ein Europa, das schützt" den Schutz der EU-Außengrenzen als ein Hauptziel für den EU-Ratsvorsitz definiert, erinnerte Drozda. Nun aber habe Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) verkündet, dass die Vorgabe der EU-Kommission, 10.000 EU-Grenzschützer bis 2020 aufzubauen, nicht machbar sei. Am Donnerstag hatte Kickl die Hoffnung geäußert, dass die EU vielleicht 5.000 Grenzschützer bis 2025 schaffen könnte. Der österreichische Kompromissvorschlag sieht nun 10.000 Grenzschützer bis 2027 vor.

"Frontex ist Common Sense"

Die Aufstockung von Frontex sei aber eine "ganz entschiedene Festlegung bei der Migrationsthematik gewesen", kritisierte Drozda die Performance der ÖVP-FPÖ-Regierung im Rahmen des EU-Vorsitzes. Nun würde die österreichische Ratspräsidentschaft "das Feld räumen". Wenn die Frontex-Lösung um sieben Jahre verschoben werde, dann sei das "Scheitern der Präsidentschaft an diesem Punkt festzumachen", sagte der SPÖ-Geschäftsführer. "Migration ist ein umstrittenes Thema, aber Frontex ist Common Sense."

Wie schon bei manchen innenpolitischen Vorhaben, die verschoben worden seien, müsse sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) daher auch als Ratspräsident eine Frage stellen lassen, sagte Drozda: "Sebastian, was hast du gemacht?"

Rendi-Wagner warf der türkis-blauen Regierung ebenfalls vor, den Ratsvorsitz nicht dazu genützt zu haben, auf europäischer Ebene etwa gemeinsame Asylverfahren oder Rückführungsabkommen durchzusetzen. Auch wichtige Vorhaben wie die Finanztransaktionssteuer, die nach der Finanzkrise ab 2008 mehr als gerecht gewesen wäre, seien nicht weiter verfolgt worden.

Die Politik von EU-Kommission und -Parlament sei derzeit von konservativen und liberalen Kräften geprägt, der österreichische Vorsitz habe da keinen Unterschied gemacht, erklärten die SPÖ-Politiker. Bezeichnend sei, dass während der Präsidentschaft ausgerechnet ein EU-Sozialministerrat abgesagt worden sei.

Nehammer weist Kritik zurück

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hat am Samstag die Kritik der SPÖ am österreichischem EU-Vorsitz zurückgewiesen. "Die Kritik der SPÖ am EU-Vorsitz entspricht nicht den Tatsachen. Österreichs Linie im Außengrenzschutz ist mittlerweile EU-Linie und im vergangenen halben Jahr hat die Regierung unzählige Reformen vorangebracht und sich erneut als Brückenbauer in Europa bewiesen", so Nehammer in einer Aussendung. Und weiter: "Fakt ist, dass die Regierung vor allem daran arbeiten hat müssen, die Willkommenskultur der SPÖ aus dem Jahr 2015 zu reparieren. Trotz der roten Fehlpolitik hat es die Regierung im ersten Jahr aber geschafft, 90 Prozent des migrationspolitischen Rucksacks der SPÖ-Kanzler abzubauen und die Asylanträge deutlich zu verringern."

(APA)

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