Grande Dame der russischen Menschenrechtsszene war für Integrität und kritische Distanz zum Kreml bekannt. Sie verstarb am Samstag 91-jährig in einem Moskauer Spital.
Die bekannte russische Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa ist am Samstag 91-jährig in einem Moskauer Krankenhaus verstorben. Sie engagierte sich noch in der Sowjetunion für Dissidenten. Im Jahr 1977 kam sie einer Verhaftung zuvor und emigrierte in den USA, wo sie die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Alexejewa kehrte erst nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder nach Russland zurück.
In den Neunziger Jahren führte sie die bekannte Menschenrechtsgruppe „Helsinki Komitee“ an. Mit der heutigen russischen Führung verband die zarte, weißhaarige Frau ein kritisches Verhältnis. Alexejewa war langjähriges Mitglied des Rates des russischen Präsidenten für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte. Lobeshymnen auf den Kreml-Chef stimmte sie keine an.
Als Pragmatikerin versuchte sie ihren Einfluss geltend zu machen. Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte ihr persönlich zum 90. Geburtstag. Alexejewa erbat im Gespräch die Freilassung eines politischen Gefangenen. Putin sagte zu. Doch der Mann ist bis heute im Gefängnis. Alexejewa trat engagiert für die Einhaltung liberaler Freiheitsrechte in Russland ein. Die ältere Dame war auf Demonstrationen anzutreffen, sie war häufiger Gast bei Konferenzen und sprach heiße Eisen direkt an.
"Bis zuletzt Menschenrechtlerin"
Über sich selbst sagte Aleksejewa: „Ich habe ein Supertalent: Ich streite mich mit niemanden.“ Als moralische Autorität war sie in Russland anerkannt, auch wenn nicht alle Gesprächspartner ihre politischen Überzeugungen teilten.
„Ihr Geist war wie immer um vieles stärker als ihr Körper“, sagte gestern der Vorsitzende des Menschenrechtsrates, Michail Fedotow. „Sie blieb Menschenrechtlerin bis zu ihren letzten Momenten.“