CDU-Spitze: Neuen Kurs notfalls gegen Merkel steuern

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Wenn nötig will man auch Merkel widersprechen, sagte die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. Der Parteitag beschließt die Komplett-Abschaffung des Solidaritäts-Zuschlags.

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Kurskorrektur angekündigt und will dafür nötigenfalls auch Kanzlerin Angela Merkel widersprechen. "Dort, wo es im Interesse der Partei notwendig ist, ja", sagte die neue Parteichefin in der ARD auf die Frage, ob sie auch Merkel Paroli bieten wolle. "Das, was gut ist, wird fortgeführt und dort, wo es etwas zu ändern gibt, werden wir es ändern."

Sie nannte Zuwanderung, Innere Sicherheit und Rente als Themen, die nochmals geklärt und weiterentwickelt werden sollten. Die neue CDU-Chefin kündigte für Jänner ein Gespräch zur Flüchtlings- und Sicherheitspolitik an, an dem auch Kritiker des bisherigen Kurses teilnehmen sollen. Ihre unterlegenen Mitbewerber Friedrich Merz und Jens Spahn rief sie auf, eine Spaltung der Partei zu verhindern. Kramp-Karrenbauer sagte der "Bild am Sonntag", neben der Vorstandsklausur im Jänner wolle sie ein "Werkstattgespräch" zum Thema Migration und Sicherheit mit Experten und auch Kritikern einberufen. Das CDU-Programm für die Europawahl werde unter anderem auf diesen Ergebnissen aufbauen.

Ihr neuer Generalsekretär Paul Ziemiak sprach deutlicher von einer Neuausrichtung. "Es wird einen neuen Kurs geben", sagte Ziemiak. Dazu sei eine klare Sprache nötig, etwa in Fragen des Rechtsstaates, von Abschiebungen und des Klimaschutzes. Er plädierte zudem für eine wichtige Rolle von Ex-Fraktionschef Friedrich Merz in der Partei.

Ziemiak: "Klare Haltung"

Kramp-Karrenbauer hatte sich auf dem CDU-Parteitag in Hannover knapp gegen Merz durchgesetzt, der als Kandidat des konservativeren und wirtschaftsfreundlicheren Flügels galt. Ziemiak, der bisherige Chef der Jungen Union, hatte Kramp-Karrenbauer nicht gewählt. Dass der erst 33-jährige jetzt trotzdem zusammen mit ihr die Parteiführung bilden will, gilt als Grund für sein mit gut 60 Prozent eher schwaches Wahlergebnis für den Posten des Generalsekretärs. Mit dem Parteitag endete die Ära Angela Merkels als Parteichefin, sie hatte sich nach 18 Jahren nicht zur Wiederwahl gestellt.

Dem Deutschlandfunk sagte Ziemiak: "Wir brauchen eine klare Haltung, damit die Menschen wissen, wofür wir stehen, und dann werden wir Menschen zurückgewinnen." Um die Partei wieder zu einen, sprach sich Ziemiak für ein stärkeres Engagement von Merz aus. Es sei wünschenswert, dass die beiden unterlegenen Kandidaten Gesundheitsminister Jens Spahn sowie Merz eine wichtige Rolle in der CDU spielen würden. Dies könne dazu beitragen, enttäuschte Mitglieder zurückzugewinnen. Dass Merz nicht für Präsidium oder Vorstand kandidierte, wertete er als verständliche erste Reaktion nach seiner Niederlage.

"Wer Verbrechen begeht hat keinen Anspruch in Deutschland zu bleiben"

Ziemiak sprach mit Blick auf kommende Aufgaben ähnlich wie Kramp-Karrenbauer das Thema Migration und innere Sicherheit an: "Ich finde, um das mal ganz offen zu sagen, jemand, der Verbrechen begeht, der hat keinen Anspruch, hier in Deutschland bleiben zu dürfen." Diese Diskussion sei richtig, weil sonst das Verständnis bei den Menschen verloren gehe. Merkels Politik der offenen Grenze in der Flüchtlingskrise 2015 gilt als Hauptgrund für das Erstarken der AfD sowie den Verlust an Zustimmung für Union und SPD in Umfragen.

In einem Beschluss des Parteitags verlangte die CDU, den Solidaritäts-Zuschlag auf die Einkommensteuer bis Ende 2021 vollständig abzuschaffen, was den Fiskus zehn Milliarden Euro pro Jahr kosten könnte. Das Vorhaben dürfte jedoch in dieser Wahlperiode keine Chance haben, da die Sozialdemokraten die Abschaffung auf hohe Einkommen ablehnt.

(APA/Reuters)

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