Singers Book-Shop ist zurück

Dorothy Singer in der neuen Version ihres jüdischen Buchgeschäfts am Rabensteig.
Dorothy Singer in der neuen Version ihres jüdischen Buchgeschäfts am Rabensteig.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dorothy Singer hat wieder, diesmal beim Stadttempel, eine jüdische Buchhandlung eröffnet. Die soll auch als Café und Infopoint fungieren.

Es war eine fröhliche, eine berührende Feier, mit Musik, mit Lesungen – und vor allem mit ganz viel ehrlichem Applaus. Viele derjenigen, die die Buchhandlung Singer seit ihrem Auszug aus dem Jüdischen Museum im Jahr 2017 schmerzlich vermisst hatten, kamen am Sonntagabend, um zu gratulieren. Denn Dorothy Singer traut sich noch einmal – und macht Wien um eine Buchhandlung reicher. Noch dazu um eine jüdische: Book Shop Singer ist zurück, diesmal sogar mit Café, in der Wiener Innenstadt, Ecke Rabensteig und Seitenstettengasse, in prominenter Nachbarschaft zur Synagoge und dem Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien.

„Es ist ein Abenteuer“, sagt Dorothy Singer. „Doch in Zeiten wie diesen kann man nicht einfach zusperren.“ Zugute komme ihr, dass sie keine Angst habe, dafür umso mehr Routine. „Außerdem bin ich nicht mehr in dem Alter, in dem sofort alles perfekt sein muss.“ Das ist auch gut so, denn der Innenausbau zog sich aus Gründen des Denkmalschutzes etwas in die Länge. Die Schlüssel für das Geschäftslokal bekam die 54-Jährige erst vor zwei Wochen. Die Zeit seither war eher heftig, wie sie meint.

Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Die rund 200 Quadratmeter große Buchhandlung ist eine gelungene Mischung aus alt und neu. Der moderne, helle Verkaufsraum lädt zum Stöbern ein, die freigelegten Teile der originalen Stadtmauer zum Staunen. „An dieser Stelle stand früher das Katzensteig-Tor“, sagt Singer. Für die Gestaltung zeichnet Eva Beresin mitverantwortlich. „Sie war das ganze Jahr an meiner Seite. Ursprünglich ist sie Malerin, auch die Bilder an der Wand stammen von ihr.“ Der Schwerpunkt der Buchhandlung liegt naturgemäß auf Belletristik und Sachbüchern mit jüdischem Bezug, bleibt aber dank Singers feinem Gespür für gute Literatur nicht einseitig.

Den Geschmack ihrer Kunden will Dorothy Singer diesmal aber in mehr als einer Hinsicht treffen. Sie hat auch ein Café mit eingebaut, das als „milchig-koscher“ zertifiziert ist. Somit dürfen dort keine fleischigen oder fleischhaltigen Speisen verarbeitet oder angeboten werden. Dass damit dem angesagten Zug zu allem Vegetarisch-Veganen Rechnung getragen wird, ist allerdings nur ein (nicht unwillkommenes) Nebenprodukt.

Die Gründe waren eher religiöser Natur. „Es freut mich sehr, dass Josef Pardess, der Rabbiner der Misrachi-Gemeinde, bei der Geschäftseinweihung die Mesusa angebracht hat“, freut sich Singer. Die Mesusa ist eine kleine Schriftkapsel mit Zitaten aus der Thora, die eine Wohnung – oder in diesem Fall eine Buchhandlung – beschützen soll.

Schabbat-gerechte Öffnungszeiten

Singers Pläne machen allerdings bei Büchergeschäft mit Café nicht halt. Sie wird einen Info-Point für die Kultusgemeinde betreiben und als Ausgangspunkt für Führungen dienen. Außerdem hat sie um eine Genehmigung für Ausstellungsräume angesucht. Dies würde auch die geplanten Schabbat-gerechten Öffnungszeiten erleichtern: Sonntag bis Donnerstag von 9 bis 19 Uhr, Freitag von 9 bis 14 Uhr, Samstag geschlossen.

Die Buchhändlerin, die für die Zeit nach dem Jüdischen Museum ursprünglich viel bescheidenere Pläne hatte und daran dachte, ein kleines Geschäft im Karmeliterviertel zu eröffnen, will ihre neue Lokalität auch zu einem Treffpunkt für alle an jüdischer Kultur Interessierten machen. „Dieses bescheidene Programm“, sagte sie bei der Eröffnungsfeier am Sonntag Abend, „ist eine Ansage für die Zukunft. Ich hoffe, dass wir hier noch sehr oft zusammenkommen werden.“

Von bescheiden konnte keine Rede sein. Der Abend, zu dem unter anderem Helene Maimann, Timna Brauer und Shlomit Butbul, Tochter der Sängerin „Jazz-Gitti“, erschienen waren, begann mit einer Lesung von Isolde Charim aus ihrem Buch „Ich und die Anderen“, setzte sich mit einem von der Schauspielerin Tania Golden präsentierten kurzweiligen literarischen Streifzug fort und endete mit einem Kurz-Konzert von Orsolya Korcsolán (Violine) und ihrem erst elf Jahre alten Sohn Natan Sugar am Klavier. Das Publikum war begeistert – und offensichtlich bereit, bald wiederzukommen.

AUF EINEN BLICK

Dorothy Singer führte von 1999 bis 2017 den Book Shop Singer im Jüdischen Museum in der Dorotheergasse. Nun hat sie am Rabensteig, Ecke Seitenstettengasse, in Räumlichkeiten der Israelitischen Kultusgemeinde und neben dem Wiesenthal Institut neu eröffnet. Das jüdische Buchgeschäft soll auch als Infopoint der Kultusgemeinde etwa für Touristen dienen und verfügt über ein milchig-koscheres Café.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2018)

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