Peter Kaiser zum Kärntner SPÖ-Obmann gewählt

Peter Kaiser Kaerntner SPoeObmann
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Mit 78,4 Prozent der Stimmen wurde Peter Kaiser am Landesparteitag zum neuen Obmann der Kärntner SPÖ gewählt. Kaiser folgt damit Reinhart Rohr nach. Der Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer durfte nicht kandidieren.

Aus einer offenen Abstimmung wurde auf einmal eine geheime. Die bisherige Kärntner SPÖ-Führung berief sich dabei auf Paragraf 17, Absatz 11, des Bundesparteistatuts. Die Absicht war offensichtlich: Die Kandidatur des umstrittenen „roten Populisten“ Gerhard Köfer sollte verhindert werden.

Der Bürgermeister von Spittal/Drau hatte seine Bewerbung erst am Parteitag abgeben, für deren Zulassung eine Zweidrittelmehrheit nötig war, da er die Anmeldefrist hatte verstreichen lassen. Köfer kam, nun eben in geheimer Wahl, auf 313 Stimmen – 348 wären nötig gewesen. Buhrufe im Saal. Nicht nur der St. Veiter Bürgermeister Gerhard Mock schüttelte ob des demokratiepolitisch verheerenden Signals entsetzt den Kopf. „Das hat es noch nie gegeben, dass fünf Minuten vor Spielbeginn auf einmal die Regeln geändert werden“, sagte Köfer selbst.

Somit traten nur drei Kandidaten zur Wahl an. Gesundheitslandesrat Peter Kaiser siegte bereits im ersten Wahlgang mit 78,38 Prozent. Klubchef Herwig Seiser kam auf 17,88 Prozent, der rote Wirtschaftskammer-Vize Leopold Sever auf 3,75 Prozent.

Peter Kaiser, langjähriger Kärntner Juso-Chef, ist ein ausgewiesener Linker, ein urbaner Intellektueller, der ob seines freundlichen Wesens auch bei den freiheitlichen Regierungskollegen wohlgelitten ist. Der Sohn einer allein erziehenden Fabriksarbeiterin und Extremsportler (Marathon und Triathlon) war bereits 1989 erstmals in den Landtag eingezogen, nach einer Periode war wieder Schluss. Er blieb in der Partei aktiv, im Zivilberuf leitete er den Kärntner Jugendherbergsverband. 2001 wurde er wieder Landtagsabgeordneter, 2005 Klubchef, 2008 Landesrat.

„Ich bedaure, dass Köfer nicht antreten konnte“, sagte Kaiser. In seiner Rede berief er sich auf Bruno Kreisky, betonte das soziale Profil der SPÖ. Zwischen Partei und Gewerkschaft dürfe kein Löschblatt passen. Die SPÖ müsse wieder als moderne, historisch bewusste, aber nicht „altvatrische“ Partei wahrgenommen werden. Kaiser attackierte die FPK, sprach sich allerdings gegen eine „Fundamentalopposition“ aus.
SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann rief zur Solidarität mit dem neuen Chef in Kärnten auf. Die SPÖ dürfe keine bürgerliche Partei, kein „Egoistenklub“ werden, so der Kanzler, der auch für Vermögenszuwachssteuern warb.

Von Sima zu Wagner. 1969 war erstmals ein SPÖ-Landesparteitag öffentlich über die Bühne gegangen. Der damalige SPÖ-Landeshauptmann Hans Sima, Großvater der heutigen Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima, ein grundsatztreuer Sozialist alter Schule, wollte die Partei öffnen – auch hin zu Künstlern und der slowenischen Minderheit. 1970 eroberte Simas SPÖ, die seit 1945 mit starker relativer Mehrheit regiert hatte, die absolute Mehrheit.

Die Sozialdemokraten waren in Kärnten seit jeher pragmatischer, (klein-)bürgerlicher ausgerichtet, zu ihren Wählern zählten nicht nur Arbeiter, sondern auch Kleinbauern und Angehörige des Mittelstands. Das wird gerade auch auf SPÖ-Parteitagen deutlich: Das andernorts übliche, auch optisch auffällige linksalternative Segment ist hier verschwindend gering.

Die rote Absolute sollte bis 1989 halten. Hans Simas Karriere war 1974 jedoch zu Ende, eine Folge des „Ortstafelsturms“. Ihm folgte Leopold Wagner nach, aus nationaler Arbeiterfamilie stammend, stolz darauf, Hitler-Junge gewesen zu sein. Dieser positionierte die SPÖ auch in der Minderheitenfrage um, sie orientierte sich fortan nur noch an der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung. Damit sicherte sich der autoritäre Wagner Wahlsieg um Wahlsieg. Unter seiner Führung wurde die SPÖ zur alles dominierenden Kraft. Ohne rotes Parteibuch war man im Landesdienst chancenlos.

Die Kärntner wählten die SPÖ trotz des Machtmissbrauchs, die rote Selbstherrlichkeit störte sie kaum. Bis Jörg Haider kam und ihnen ein alternatives, bei näherer Betrachtung aber ähnliches Angebot machte. Die Ära Wagner endete mit Pistolenschüssen: Franz Rieser, ein Lehrer und ehemaliger Schulkollege Wagners, der sich beruflich benachteiligt fühlte, verletzte den Landeshauptmann schwer. Mit Wagners Nachfolger, dem hölzernen Peter Ambrozy, hatte Haider dann relativ leichtes Spiel. 1989 ließ er sich von der ÖVP zum Landeshauptmann wählen.

Seither spielt die SPÖ nur mehr die Nebenrolle. Sie verbrauchte sechs Parteichefs, ein Konzept gegen Haider und seine Erben fand sie bis heute nicht. Und es ist eher nicht damit zu rechnen, dass ausgerechnet der Linke Peter Kaiser den Turnaround schaffen sollte. Wie soll er Stimmen von den rechten Parteien FPK/BZÖ zurückgewinnen? Mit einem Kaliber wie Gerhard Seifried oder Helmut Manzenreiter wäre es möglich gewesen. Aber vor einem Peter Kaiser braucht sich Gerhard Dörfler nicht zu fürchten. Da schon eher vor seinem Parteifreund Uwe Scheuch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2010)


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