Trumps Kleinkrieg um die Grenzmauer

Der Präsident will in eine Gesetzesvorlage zum Grenzschutz Ausgaben von fünf Milliarden Dollar für die Mauer miteinbeziehen.
Der Präsident will in eine Gesetzesvorlage zum Grenzschutz Ausgaben von fünf Milliarden Dollar für die Mauer miteinbeziehen.(c) APA/AFP/MANDEL NGAN
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Wegen des Streits über die Mauer an der Grenze zu Mexiko droht Stillstand der Regierung. Bei der Eskalation geht es inzwischen um viel mehr als nur um Kosten.

Washington. Die politischen Folgen des Machtverlustes der Republikaner bei den Kongresswahlen im November werden erstmals so richtig sichtbar: Donald Trump und die Demokraten Nancy Pelosi und Chuck Schumer lieferten sich im Weißen Haus ein bizarres Wortgefecht rund um den Schutz der Grenze zu Mexiko. Er werde die Regierung zum Stillstand bringen, wenn die Liberalen dem Bau einer Grenzmauer nicht zustimmen, drohte der Präsident erbittert. Eine verdutzte Nation fragt sich: Wie konnte es so weit kommen?

Tatsächlich sind die Kosten für Trumps Prestigeprojekt, auf das er seinen Wahlkampf 2016 aufgebaut hatte, nahezu vernachlässigbar. Der Präsident will in eine Gesetzesvorlage zum Grenzschutz Ausgaben von fünf Milliarden Dollar für die Mauer miteinbeziehen. Zunächst hatte er noch garantiert, dass Mexiko das Projekt finanzieren werde. Davon ist nun keine Rede mehr. Das Gesamtbudget der USA beläuft sich 2018 auf mehr als vier Billionen Dollar, das Defizit wird knapp 800 Milliarden Dollar ausmachen. Die Mauer macht das Kraut also wirklich nicht fett.

Doch wissen beide Parteien, dass es um mehr als die Kosten geht. Trump argumentiert, die Mauer sei notwendig, um die Flüchtlinge aus dem Süden abzuwenden. Die Demokraten halten ihm Studien entgegen, wonach auch eine Mauer keinen völligen Grenzschutz bieten würde. Pelosi, die im Jänner voraussichtlich erneut zur Anführerin des Abgeordnetenhauses aufsteigt, nennt das Projekt „unmenschlich“. In Wahrheit ist der Betonwall zum zentralen Thema für den Wahlkampf 2020 geworden. Bekommt Trump seine Mauer, steigen seine Chancen auf eine Wiederwahl.

Um die Sache geht es längst nicht mehr, die Angelegenheit ist zum politischen Kleinkrieg verkommen. Die Demokraten würden einer Erhöhung des Budgets zum Grenzschutz um 1,6 Mrd. Dollar zustimmen. Für einen Zaun dürfte das Geld verwendet werden, für eine Mauer nicht. Trump gibt sich damit nicht zufrieden. Er weiß, was seine Anhänger wünschen, nämlich eine Mauer. Einigen sich die Parteien in den nächsten Tagen nicht, müssen zahlreiche offizielle Stellen am 22. Dezember ihre Tätigkeit einstellen, es käme zum „Shutdown“ der Regierung. Grund für die Eskalation ist auch das Wahlergebnis vom November. Jede Gesetzesvorlage, die Ausgaben absegnet, muss von beiden Kongresskammern bestätigt werden. Im Abgeordnetenhaus übernehmen die Demokraten im Jänner die Kontrolle, weshalb Trump das Geld vor Neujahr zugesichert haben will. Doch spießt es sich im Senat. Dort sind 60 der 100 Stimmen nötig, die Republikaner halten 51 Sitze. Trump braucht die Unterstützung von Schumer, Anführer der liberalen Minderheit im Senat.

Angst vor politischer Blamage

Noch ist unklar, wie die Pattstellung aufgelöst werden kann. Das Wortgefecht vom Dienstag zeigte, dass keine der Streitparteien einlenken will, zu groß ist die Angst vor der politischen Blamage. „Ich bin stolz darauf, die Regierung zum Stillstand zu bringen, wenn es um den Schutz der Grenze geht“, erklärte Trump. Ein vorübergehender Shutdown würde die US-Volkswirtschaft noch nicht in den Abgrund stürzen, zumal auch ein Teil der Regierung in Betrieb bleiben würde. Zur Debatte stehen sieben von zwölf Haushaltsgesetzen, die restlichen fünf laufen noch nicht aus. Kurzzeitige Stillstände in Washington gibt es immer wieder, zuletzt zum Jahresbeginn, als der Streit um den Status von illegalen Einwanderern, die als Kinder ins Land kamen, eskalierte. 2013 unter Barack Obama sah sich die Regierung für mehr als zwei Wochen mit einem Stillstand konfrontiert, es ging um Ausgaben für die Gesundheitsreform. Irgendwann einigen sich die politischen Gegner dann und segnen die Staatsausgaben ab – zumindest war das bisher so.

Freilich: Wirklich heikel wird es im neuen Jahr. Je länger ein Shutdown dauert, umso nervöser werden die Märkte, die das defizitäre Budget der USA finanzieren. Spätestens bis Ende Februar müssen die Gesetzgeber das gesamte Schuldenlimit der weltgrößten Volkswirtschaft anheben, sonst kann das Finanzministerium fällige Staatsschulden nicht mehr bedienen. Es würde der Staatsbankrott drohen, mit dramatischen Folgen für die Weltwirtschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2018)

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