Webers Pracht in Loys Durchleuchtung

Eine eminente Herausforderung, szenisch wie musikalisch: Jacquelyn Wagner fesselt als Euryanthe sängerisch mit ihrem Perlmuttsopran, Andrew Foster-Williams als Lysiart mehr durch sein Spiel.
Eine eminente Herausforderung, szenisch wie musikalisch: Jacquelyn Wagner fesselt als Euryanthe sängerisch mit ihrem Perlmuttsopran, Andrew Foster-Williams als Lysiart mehr durch sein Spiel.(c) Theater an der Wien
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Das Theater an der Wien bricht eine Lanze für Carl Maria von Webers große romantische Oper „Euryanthe“. Gar so leicht fällt die wichtige Unternehmung jedoch nicht – immer wieder stoßen die Künstler hier an ihre Grenzen.

Die Sieger lassen es sich gut gehen, den Unterlegenen haben sie die Tür gewiesen. Düstere Klänge dringen aus dem Graben – und jeden Moment erwartet man die Worte: „Erhebe dich, Genossin meiner Schmach!“ Doch nein, wir befinden uns eben nicht im „Lohengrin“, in dem das dunkle Paar Telramund und Ortrud seine Wunden leckt, sondern im dritten Akt von Carl Maria von Webers „Euryanthe“. Da sind die Guten in Bedrängnis geraten: die Titelheldin, weil sie in einer schwachen Stunde einer falschen Freundin das Familiengeheimnis ihres geliebten Ritters Adolar anvertraut hat (seine Schwester hat sich selbst getötet und muss seither als Geist auf Erlösung hoffen). Und Adolar, weil er sich à la „Così fan tutte“ zur Wette auf Euryanthes unverbrüchliche Treue um all sein Hab und Gut hat hinreißen lassen, ohne den Leichtsinn und – zumindest aus heutiger Sicht – auch das Frevlerische, den eigenen Verrat am Privaten daran zu erkennen. Natürlich macht Adolars Herausforderer, Lysiart, gemeinsame Sache mit Eglantine, die sich als verschmähte und daher rachsüchtige Freundin Adolars in Euryanthes Vertrauen einschleicht. Mittels Indizienbeweis scheint die gemeinsame Intrige zu obsiegen . . .

Fundgrube für Wagners „Lohengrin“

In „Euryanthe“, 1823 am Wiener Kärntnertortheater uraufgeführt, konnte der Weber-Verehrer Richard Wagner alles finden, was er für den „Lohengrin“ brauchte: ein mythisch idealisiertes Mittelalter; die Konfrontation zweier Paare, eines hellen (Sopran, Tenor) und eines dunklen (Mezzosopran, Bariton) plus königlichem Bass; Motive wie (weiblicher) Verrat und Erlösung; wiederkehrende musikalische Themen, Innovationen und Finessen der Instrumentierung sowie nicht zuletzt eine klug gebaute, durchkomponierte Großform, die mehrfach auf applaustreibende Binnenschlüsse zugunsten kontinuierlicher Szenen verzichtet und alles in wirkungsvollen Ensemble-Finali kulminieren lässt. Dabei ist es falsch, in Weber nur den Proto-Wagner zu sehen. Ginge es in der Musikgeschichte gerecht zu, wäre er jedenfalls nicht so an den Rand des Repertoires geraten. Umso verdienstvoller, dass diese „Euryanthe“ einen Weber-Schwerpunkt am Theater an der Wien eröffnet: Im Mai übersiedelt Nikolaus Habjans Inszenierung des „Oberon“ von München hierher, sogar der „Freischütz“ kehrt im März zurück, diesmal konzertant mit alten Instrumenten.

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