Wahlärzte: Privatpatienten von Abrechnungssorgen befreit

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Uniqa, Merkur und Wiener Städtische vergrößern ihr landesweites Netzwerk aus niedergelassenen Wahlärzten, die ihre Honorare direkt mit der Versicherung abrechnen können. Auch der Leistungskatalog wird erweitert.

Nicht nur in Spitälern, auch bei niedergelassenen Ärzten ist die Privatmedizin auf dem Vormarsch. Die im Sommer gestarteten Projekte („Die Presse“ berichtete) von drei der größten Anbieter privater Krankenversicherungen in Österreich – Uniqa, Merkur und Wiener Städtische –, Kooperationsverträge mit Wahlärzten einzugehen und somit eine Parallelstruktur zum staatlichen Kassensystem zu etablieren, wird massiv ausgeweitet. Diese „Partnerärzte“ dürfen von Kunden der Versicherungen zu speziellen Konditionen aufgesucht werden, wobei die Kostenverrechnung zwischen Arzt und Versicherung – anders als früher – direkt erfolgt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was genau ändert sich durch das Direktverrechnungsmodell im Vergleich zu früher?

Patienten mit einer privaten Krankenversicherung für den ambulanten Bereich mussten bisher nach einem Besuch bei einem Wahlarzt das Honorar vorstrecken und anschließend bei ihrer Versicherung einreichen, um die volle Summe oder einen Teil davon (je nach Paket) zurückzubekommen. Durch die Direktverrechnung wird ihnen dieser bürokratischer Aufwand abgenommen, denn der Arzt verrechnet seine Leistungen direkt mit der Versicherung – allerdings nur die Leistungen, die im jeweiligen Leistungskatalog angeführt werden.

Dieser Katalog (und auch die Vergütung der einzelnen Leistungen) wird von den Versicherungen nach eigenem Ermessen erstellt. So bezahlt etwa Uniqa für ein Belastungs-EKG 80 Euro, für eine Koloskopie 200 Euro. Die „Fallpauschale“ (gemeint ist ein 30-minütiger Empfang eines Patienten) beträgt bei einem Facharzt 100 Euro, bei einem Allgemeinmediziner 50 Euro.

Was bedeutet diese Möglichkeit für Patienten, die eine solche Versicherung abschließen?

Wer Direktverrechnungskunde bei einem der drei Unternehmen ist, kann davon ausgehen, ehestmögliche Termine (maximal zwei Tage bei Allgemeinmedizinern, maximal sieben bei Fachärzten) zu bekommen und auch bei der Arztsuche („Orientierungshilfe“) unterstützt zu werden. Eine Premiumbehandlung beim Arzt dürfte ohnehin selbstverständlich sein, schließlich will kein Partnerarzt Ärger mit seiner Versicherung riskieren, die den Kooperationsvertrag jederzeit kündigen kann. Die garantierte Befreiung von Bürokratie bedeutet diese Versicherung allerdings nicht, da der Leistungskatalog bei Weitem nicht sämtliche Untersuchungen umfasst. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass auch diese Kunden einen Teil der Leistungen – wie schon bisher – vor Ort bezahlen und später von ihrer Versicherung zurückholen müssen.

Wie viele Ärzte sind bisher Kooperationsverträge mit Versicherungen eingegangen?

Bei Uniqa sind es derzeit 97 Mediziner – und es werden ständig mehr. Wahlärzte in ganz Österreich werden gezielt angeschrieben – in der entsprechenden Broschüre wird mit 1,2 Millionen Kunden geworben. Die Wiener Städtische „bittet um Verständnis, dass wir keine absoluten Zahlen nennen möchten“. Man führe aber laufend „Gespräche über weitere Kooperationen“.

Auch Merkur will die aktuelle Zahl der Partnerärzte nicht nennen – im August dieses Jahres waren es noch 250. Das Merkur-Modell (vom Sommer) war auch das einzige mit einer Exklusivitätsklausel für Ärzte. Die Formulierung „der Vertragspartner verpflichtet sich, bei aufrechter Vereinbarung mit der Merkur keinen Vertrag gleichen oder ähnlichen Inhaltes mit einer anderen privaten Krankenversicherung abzuschließen“ wurde von der Ärztekammer scharf kritisiert. Ob es diese Klausel noch gibt, wollte man auf Nachfrage nicht sagen.

Welche Vor- und Nachteile hat dieses System für teilnehmende Wahlärzte?

Der größte Vorteil für die Partnerärzte ist naheliegend – sie müssten sich viel weniger Sorgen um Patienten machen, da sie ihnen von den Versicherungen vermittelt würden. Das könnte aber auch zum Nachteil werden, da sie sich in eine gewisse Abhängigkeit von den Versicherungen begeben würden – was auch der Grund dafür ist, dass viele Wahlärzte mit gut laufenden Ordinationen solche Kooperationen ablehnen. Denn: Besteht der Großteil des Patientenstamms aus Direktverrechnungskunden und diese fallen irgendwann weg, weil die Versicherung den Vertrag auflöst, stehen sie plötzlich ohne Patienten da.

Hinzu kommt der bürokratische Mehraufwand der Abrechnung, der von den Patienten auf die Ärzte übertragen wird. Vor allem dann, wenn nur ein Teil der Leistungen direkt verrechnet werden kann.

Nicht zuletzt hätten sie kaum Einfluss auf die Vergütung der Leistungen, die ja von den Versicherungen vorgegeben werden. Die Österreichische Ärztekammer rät daher allen Wahlärzten „dringend davon ab, Partnerarzt von privaten Versicherungsanbietern zu werden“, und warnt vor „einer Art Monopol“, das durch diese Parallelstruktur entstehen könnte.

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