Europaweite Netzsperren immer wahrscheinlicher

Europaweite Netzsperren werden immer
Europaweite Netzsperren werden immer(c) Die Presse (Bruckberger)
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Die EU-Kommission will offenbar alle EU-Länder zu Internetsperren kinderpornografischer Inhalte zwingen. Einige EU-Länder setzen bereits solche Filter ein.

Die Europäische Kommission will alle EU-Staaten verpflichten, den Zugang zu kinderpornografischen Webseiten zu blockieren. Die geplanten Internetsperren sind Teil einer umfassenden Richtlinie zum Kinderschutz, die "mit den dunklen Ecken des Internets und den kriminellen Bildern von Kindesmissbrauch aufräumen", schreibt die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in einem Gastbeitrag für das Internet-Portal der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ("FAZ.NET"). Sie will den Entwurf der Richtlinie an diesem Montag in Brüssel vorstellen. Würde sie realisiert, müsste Deutschland jene Internetsperren einführen, von denen sich die schwarz-gelbe Regierung gerade verabschiedet hatte.

Bilder, die Kindesmissbrauch zeigen, könnten "unter keinen Umständen als legitime Meinungsäußerung gelten", schreibt Frau Malmström weiter. "Handeln wir nicht, so könnten die Nutzer solcher Websites das Betrachten derartiger Bilder mit der Zeit womöglich als normal ansehen."

Für die Netzsperren sollen Filter des europäischen CIRCAMP-Projekts eingesetzt werden. Es will einen einheitlichen Rahmen für nationale Gesetze der EU-Staaten zur Umsetzung von Webfiltern liefern. Konkret gibt es bereits den Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter (CSDAADF), der bereits von Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Italien und der Schweiz angewendet wird.

Auch Betrachten soll strafbar werden


Der Richtlinienentwurf, der der F.A.Z. vorliegt, enthält 22 Straftatbestände, die die Mitgliedstaaten in nationales Recht aufnehmen müssten; darunter das sogenannte Grooming, der Versuch, in Online-Netzwerken Kinder ausfindig zu machen, um diese später zu missbrauchen. Bestraft werden soll auch, wer Kinder zu sexuellen Darbietungen etwa vor einer Webcam veranlasst. Zusätzlich zu Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie sollen in Zukunft auch das gezielte Suchen nach und das Betrachten derselben im Internet strafbar sein. Damit will die EU-Kommission dem Umstand Rechnung tragen, dass Kriminelle eine Strafe umgehen könnten, indem sie Fotos direkt im Netz ansehen oder Videos "streamen", sie also in Echtzeit abrufen, ohne die entsprechenden Dateien auf dem eigenen Rechner zu speichern. Ergänzt werden die Bestimmungen zur Strafverfolgung durch Opferschutz- und Präventionsmaßnahmen.

Die "Piratenpartei Österreichs" warnte angesichts dieser Pläne vor einer "Internetzensur in Europa". Das Instrument könne für die Sperrung jeglicher unbequemer Inhalte missbraucht werden und gefährde damit das Grundrecht der freien Meinungsäußerung, hieß es in der Aussendung. Die Piratenpartei Österreichs sei "sich mit den meisten Experten darin einig, dass die angestrebte Methode des Access-Blockings keineswegs dazu geeignet ist, die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen, geschweige denn den Missbrauch von Kindern zu verhindern". Als Frühwarnsystem für Kriminelle seien diese Sperren sogar kontraproduktiv, Täter würden gewarnt und könnten sich der Verfolgung entziehen.

(Ag. /Red. )

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