Abschied von den Hausfrauen

Imago
  • Drucken

Gedanken zu einem Fernsehzweiteiler über die 50-er Jahre.

Eine Frau erfährt, dass ihr wohlhabender Mann schon jahrelang eine Zweitehe führt. Sie zahlt ihm die Demütigung heim, nicht mit einer Scheidungsklage, sondern indem sie gegen seinen Willen Karriere macht und unabhängig wird. Wir sind in den 1950-ern, die Frau ist Aenne Burda, die mit ihrer Schnittmuster-Idee zur Pionierin der Modezeitschriften wurde. Die ARD hat ihr letzte Woche einen Zweiteiler gewidmet. Es war zugleich eine Kulturgeschichte der Wirtschaftswunderjahre.

Natürlich wurde der Weg einer selbstbewussten Frau in die Selbständigkeit abgelehnt, die übrigen Oberschicht-Hausfrauen im provinziellen Offenburg standen ihr offen feindselig gegenüber. Ihre Rollen waren fix definiert, sie waren Hausfrauen. Alles andere war in bürgerlichen Kreisen nicht vorstellbar. Es war das Jahrzehnt, in dem auch in meiner Generation die meisten Schüler als Beruf der Mutter „Hausfrau“ angaben. Keine Familie schämte sich, eine „Nur-Mutter und Hausfrau“ zu haben. Freilich: Kriselte es in der Ehe, wandelte sie am Rand des finanziellen Abgrunds. Suchte der Mann Abenteuer, musste sie wegschauen. Da hatten die wenigsten eine Wahl wie Aenne Burda.

All diese Konnotationen rund um den Begriff „Hausfrau“, die positiven und die negativen, gehen gerade verloren. Bald wird keiner mehr den Begriff kennen. Ein klingendes Wort mit viel zeitgeschichtlichem Hintergrund wird sich in Luft auflösen. Sprach- und Kulturgeschichte greifen wie so oft ineinander. Ein allzu nostalgisch geratener Artikel in der FAZ am Sonntag („Wo steckt die gute Hausfrau? Feministinnen haben sie aus dem Bewusstsein getilgt“) hat den Autor zu Recht in die Bredouille gebracht.

Hat er völlig vergessen, dass selbständige Erwerbsarbeit mit sinnvoll geführtem Leben und Geschlechtergleichheit zu tun hat? Eine Woche später ruderte er zurück. Doch er blieb im Grund dabei: Er sieht Geschichte nicht nur als Fortschrittsgeschichte, auch nicht in der Frauenfrage. Da muss man widersprechen: Das Leben im Kapitalismus mit Mehrfachbelastung, prekären Jobs und Halbtagsbeschäftigung  mag auch für berufstätige Frauen kein Spaß sein, das Hausfrauen-Modell aus der Mottenkiste zu holen, ruft aber zu Recht Widerstand hervor. Man kann nur hoffen, dass mit dem Wiedererstarken der politischen Rechten nicht auch dieses Frauenbild in Teilen wiederaufersteht.    

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.