Zu Tode gefroren: Briten sorgen sich über Post-Brexit-Hühner

Die USA wollen die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Geflügel noch steigern (Im Bild ein Geflügelbetrieb in San Diego).
Die USA wollen die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Geflügel noch steigern (Im Bild ein Geflügelbetrieb in San Diego).(c) REUTERS (Mike Blake)
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In Großbritannien wächst die Sorge, dass der Markt nach dem EU-Austritt mit Geflügel aus fragwürdiger Produktion aus den USA überschwemmt werden könnte.

Das "Chlorhuhn". Den Österreichern ist es bekannt als Wappentier gegen TTIP, dem gescheiterten Freihandelsabkommen mit den USA. Die Angst vor der verstärkten Einfuhr amerikanischer Lebensmittel im Rahmen des Deals war groß. Und das "Chlorhuhn", das seinen Namen der Desinfektion mit einer Chlorlösung verdankt, wurde ein Sinnbild dafür.

Vor dem Brexit wächst nun auch die Sorge der Briten, dass der Markt nach dem EU-Austritt aus Mangel an Alternativen mit Fleisch aus fragwürdiger Produktion geflutet werden könnte. Denn in der EU ist der Import von Geflügel aus den USA seit mehr als zwei Jahrzehnten verboten.

Der "Guardian" zitiert aus unveröffentlichten Berichten des US-Landwirtschaftsministeriums, die ein Schlaglicht auf die niedrigen Standards in Geflügelschlachthäusern in Amerika werfen: Hühner seien unter Artgenossen zu Tode erstickt, nachdem Fließbänder aufgrund eines mechanischen Fehlers stehen geblieben waren und die Hühner sich aufeinander häuften. Teilweise seien Tiere lebendig in Kochtöpfe geworfen worden. Und Tausende Vögel seien entweder durch Hitzeschock gestorben oder erfroren als sie während des Transports stundenlang in Lastwägen gepfercht waren.

175 Vögel pro Minute schlachten

Es handle sich um Hunderte solcher Fälle, die zwischen 2014 und 2018 dokumentiert wurden, berichtet die britische Zeitung. Sie hätten sich in den größten Geflügelverarbeitungsfabriken der USA ereignet. Hühner, die durch solche Methoden umkommen, dürfen nicht in den Verkauf. Doch Tierschützer kritisieren, dass tierquälerische Schlachtpraktiken bei Geflügel in den USA nicht geahndet werden. Im Gegensatz zu Vergehen bei der Schlachtung von Vieh werden Verstöße lediglich in einem Bericht vermerkt.

Dass sich solche Fälle in den USA häufen, liege einerseits an schlechter Schulung für die Mitarbeiter. Andererseits am Effizienzdruck: Jährlich werden in den USA neun Milliarden Vögel geschlachtet. US-Präsident Donald Trump will diese Zahl noch steigern. So sollen künftig statt 140 Vögeln pro Minute 175 verarbeitet werden.

>>> Bericht im "Guardian".

(red.)

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