Premierministerin Theresa May warnt vor Wiederholung des Brexit-Referendums – und spielt auf Zeit.
London. Wie geht es weiter mit dem Brexit? Wenn es nach der Vorstellung von Theresa May geht, gibt es für Großbritannien nur eine Option – den unter ihrer Ägide verhandelten EU-Austrittsvertrag. Forderungen nach einem Kurswechsel erteilte die britische Premierministerin am gestrigen Montag eine klare Absage: Das Austrittsabkommen werde im neuen Jahr (kolportiert wird der 14. Jänner) den Unterhausabgeordneten zur Abstimmung vorgelegt. Eine Neuauflage des Brexit-Referendums schloss May gestern dezidiert aus, weil es Großbritannien „irreparablen Schaden“ zufügen und das Land „weiter spalten“ würde.
Gespalten ist Großbritannien aber auch so. Am Dienstag will die Premierministerin mit ihren Kabinettskollegen das weitere Vorgehen beraten. Innerhalb der eigenen Partei ist May geschwächt – ein gutes Drittel der Tories im Unterhaus sprach ihr vergangene Woche das Misstrauen aus. Innerhalb der Regierung gibt es vier Lager: Befürworter des vorliegenden Deals, eines harten Brexit, einer engen Bindung an den EU-Binnenmarkt nach Vorbild Norwegens sowie eines zweiten Referendums.
Nach momentaner Gefechtslage ist keine Fraktion mehrheitsfähig. Auch im Unterhaus selbst hat sich keine Mehrheit für eine bestimmte Variante herauskristallisiert. Angesichts der verfahrenen Lage spielt May auf Zeit. Die Regierungschefin will das verpflichtende Unterhaus-Votum über ihren Deal hinauszögern, um andere zeitaufwendige Optionen auszuschließen. Die britischen Abgeordneten müssen ihre Abstimmung bis spätestens 21. Jänner abhalten, der EU-Austritt wird am 29. März vollzogen.
Die EU-Kommission hält sich indes bedeckt. Die Brüsseler Behörde wollte sich gestern nicht zu einer etwaigen Neuauflage des Brexit-Referendums äußern und schloss zugleich die von May geforderten Nachbesserungen des Austrittsvertrags aus.
Beim Referendum am 23. Juni 2016 hatten 52 Prozent der Briten für den EU-Austritt gestimmt. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2018)